Wie auch Elvis und Kurt Cobain ist Mitel nicht tot

Mitel-MiCloudMitel bläst den Deal der bevorstehenden Übernahme durch Searchlight Capital Partners groß auf und propagiert, dass sich der neue Eigentümer für das Cloud-Geschäft hervorragend eignet. Hoffen wir es …

Mitel war lange Zeit weltweit ein wichtiger Telekommunikationsanbieter, der in der Vergangenheit ein gewaltiges Arsenal an Telefonanlagen und Telefonapparaten an den Mann gebracht hat. Mitel will inzwischen zu einem wichtigen Cloud-Player werden. Die Gesamtzahl aller in der Cloud aktiven Telefoneinheiten lag zum Jahresende 2017 bei über vier Millionen. Dies sind zwar beeindruckende Zahlen, aber Mitel agiert in sehr dünner Luft.

Die Eastern Management Group hat kürzlich eine mehrjährige Studie zum globalen Hosted-PBX-Markt abgeschlossen und die Studie in dem Report „Worldwide Hosted PBX Market 2017-2022“ (https://easternmanagement.com/Our-Services/Hosted-PBX.aspx) veröffentlicht. In diesem Report wurden die Marktdaten von mehr als 9.900 Unternehmen untersucht.

Sehen wir uns das Geschäft von Mitel im Jahr 2017 einmal genauer an. Im Marktsegment der Lizenzen für Telefonanlagen bei Mitel ist der USA-Markt am stärksten, gefolgt von Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Das Geschäft des Unternehmens profitiert immer noch von dem Verkauf von Telefonsystemen in den USA. Das Unternehmen verfügt über eine beachtliche, wenn auch rückläufige Anzahl von UC-Kunden. Auch ist Mitel ein ziemlich solider Anbieter im Contact-Center-Markt. Aber die folgenden Probleme führten sicherlich zum Verkauf an die Searchlight Capital Partners:

  • Finanziell hat sich Mitel in den vergangenen drei Jahren kaum weiterentwickelt. Der Umsatz blieb mit rund 1,1 Milliarden US-Dollar hängen.
  • Die Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) gingen seit dem Jahr 2014 um etwa 1 Prozent zurück und betragen ca. 10 Prozent vom Umsatz.
  • Das Nettoeinkommen ist weiterhin schwach.

Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ein Mitel-Banner im Flur des Firmensitzes der Firma in Kanata, Ontario, hing. Dieses sagte in Großbuchstaben: „Mitel ist nicht tot!“ Damals wurde auf ein Zitat aus einem Artikel der Eastern Management Group verwiesen, welches auf das damals populäre Mantra „Elvis ist nicht tot!“ anspielte. Die Anwender hatten damals Vertrauen in Mitel, aus diesen Grund war das Unternehmen nicht tot und wurde auch nicht vorzeitig abgeschrieben. Damals und auch heute sehen wir das Positive in der Firma. Aber irgendwie stand Mitel immer auf der Kippe. Das Geschäft ist immer gewachsen – aus gutem Grund. Die Telefone des Unternehmens waren erstklassig. Die IP-Telefonanlagen funktionierten gut und das Unternehmen war klein genug, dass es unter dem Radar der Konkurrenz blieb. Mitel etablierte sich strategisch in England, als kein anderes Unternehmen diesen Markt beherrschte. Mitel verfügte auch über eine Netzwerkabteilung, als kein Konkurrent dieses Marktsegment als gewinnbringend ansah. Und Mitel verfügte über gute Manager, wie beispielsweise John Combs, der in den neunziger Jahre als Präsident diente und später Shoretel von Grund auf neu aufbaute.

Jetzt kündigt Mitel an, dass das Unternehmen von einer Private-Equity-Firma übernommen wird. Ist das das Ende für Mitel? Vielleicht … vielleicht auch nicht.

Das nächste Kapitel in der Geschichte von Mitel könnte von folgenden Faktoren bestimmt werden:

  • Mitel sieht seine Zukunft als Cloud-Anbieter. Gute Idee, aber das gehostete PBX-Feld hat Hunderte von Mitbewerbern. Die meisten dieser Anbieter adressieren exakt das gleichen Marktsegment wie Mitel. Ein durchschnittlicher Cloud-Kunde bezahlt 40 Plätze.
  • Jeder große PBX-Anbieter (einschließlich Avaya, Alcatel, Cisco, Unify usw.) möchte sich ein Stück des UCaaS-Geschäfts abschneiden. So auch Mitel.
  • Mitel muss seine Bruttomarge von 50 Prozent (oder auch darunter) auf die Bereiche um 60 Prozent bis 65 Prozent erhöhen, um sicher überleben zu können.
  • Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung müssen von derzeit unter 10 Prozent auf 14 Prozent steigen. Nur so können Produkte entwickelt werden, die der Markt benötigt.
  • Mitel hat bereits einen Großteil seiner installierte PBX-Basis in Cloud-Kunden gewandelt. Für ein weiteres Cloud-Wachstum müssen erhebliche Vertriebs- und Marketingressourcen freigemacht werden.

Welchen Weg wird Mitel zukünftig beschreiten? Wir können leider nicht in die Glaskugel der Zukunftsforscher schauen. Deshalb bleibt die weitere Entwicklung von Mitel spannend.

#Netzpalaver #Mitel