Was wird von uns verlangt, wenn das Internet der Dinge Wirklichkeit wird?

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Beim Internet der Dinge (IoT) hat man manchmal das Gefühl, dass der angekündigte große Durchbruch dieser Technologie zwar vor der Tür steht, aber irgendwie nie stattfindet. Die Analystenhäuser werfen mit enormen Zahlen um sich und prognostizieren die schlagartige Zunahme an IoT-Systemen. Beispielsweise schätzt Cisco, dass bis zum Jahr 2020 ca. 50 Milliarden IoT-Geräte aktiv sein sollen. Derzeit sollen im IoT-Bereich 8 bis 15 Milliarden Einheiten arbeiten. Es stellt sich natürlich die Frage, warum wir so wenige reale IoT-Einsatzbereiche sehen? Gemäß der von Verizon unter Unternehmenschefs durchgeführten Umfrage, soll der IoT-Durchbruch in Kürze erfolgen.

Dreiundsiebzig Prozent der Manager sagten aus, dass ihre Unternehmen derzeit die IoT-Technik entweder erforschen oder bereits einsetzen. Auch die Mehrheit (55 Prozent) der von The Economist befragten Unternehmensführer erwartet, dass die IoT-Technologien zu signifikanten internen Kosteneinsparungen beitragen.

Der weitverbreitete Optimismus und die daraus resultierenden Investitionen basieren jedoch nicht auf Luftschlössern. Aus meiner Sicht ist der größte Hinderungsgrund für den IoT-Durchbruch in dem noch vielfach mangelnden Datenschutz und in den allgemeinen Sicherheitsbedenken zu suchen.

IoT: Jetzt und in der Zukunft

Die Möglichkeiten, die uns IoT bietet, werden erst dadurch lebendig, wenn wir uns vorstellen, dass wir damit bisher unzugängliche Datenmengen von Milliarden von stummen Objekten aktivieren können. Diese Daten werden uns neue Möglichkeiten und neue Anwendungen eröffnen. Aus diesem Grund versprechen sich die Unternehmen auch einen Gewinn aus der zukünftigen Nutzung von IoT-Systemen. Einige Beispiel in diesem Bereich sind:

  • Die Gas- und Stromversorger wollen zukünftig ihre schwer zugänglichen Versorgungsinfrastrukturen noch genauer kontrollieren.
  • Werden Sensoren im Bereich der Land- oder Fischwirtschaft eingesetzt, dann kann die Umwelt individuell überwacht und die Erträge der Nahrungsmittelindustrie für eine wachsende Weltbevölkerung gesteigert werden. Die IoT-Sensoren, können beispielsweise in Garnelenfarmen genutzt werden. Damit wird der Salzgehalt des Wassers erfasst und bei Bedarf Frischwasser eingeleitet, um den hohen Salzgehalt zu reduzieren und somit die Ernte zu schützen.
  • Ärzte können IoT-Sensoren nutzen und den Herzschlag, die Herzfrequenz und den Herzrhythmus eines Patienten über das Internet überwachen. Bei Bedarf kann der Arzt aktiv auf sich entwickelnde Probleme reagieren.

Gegen den schnellen Einsatz und die explosionsartige Verbreitung dieser Technologie sprechen immer noch die hohen Kosten. Die Investitionskosten standen bei der Umfrage von The Economist an erster Stelle der Hinderungsgründe für den IoT-Einsatz. Auf dem zweiten Rang folgten Sorgen über die Einhaltung der befragten Privatsphäre und Sicherheit. Der Verizon-Report nennt ebenfalls die mangelnde bzw. zweifelhafte Sicherheit als den Hauptgrund für die Verzögerungen bei der flächendeckenden IoT-Bereitstellung in den Unternehmen“.

Zusammenschaltung am Rand

Als Interconnection bezeichnet man den Datenaustausch zwischen Geschäftsbereichen und dies ist ein wesentlicher Bestandteil nahezu jeder IoT-Architektur. IoT-Anwendungen lassen sich nicht an den klassischen IT-Strukturen anpassen. Die von IoT genutzte Machine-to-Machine-Kommunikation lässt sich nicht zentralisieren. Im Prinzip kommunizieren alle im Unternehmen verteilt installierte Geräte miteinander. Da es sich oft um Echtzeitdaten handelt, müssen diese in der Nähe ihres Entstehungsorts gespeichert und verarbeitet werden. In diesem Fall spricht man vom digitalen Edge. Mit Hilfe der Interconnection wird die Verbindung zwischen Benutzern, IoT-Geräten und Cloud-Diensten am digitalen Rand hergestellt. Der Edge-Bereich sorgt somit auch für den notwendigen Datenschutz, die Sicherheit und die erforderliche Performance der IoT-Datenflüsse.

Das von Gartner erarbeitete „Edge Manifesto“ (Gartner, The Edge Manifesto: Digital Business, Rich Media, Latency Sensitivity and the Use of Distributed Data Centers, Bob Gill, 15 June 2017) kann unter www.equinix.com/resources/analyst-reports/gartner-the-edge-manifesto heruntergeladen werden. Der Report unterstreicht die Bedeutung der kurzen Wege für das digitale Geschäft, da sich durch die IoT-Anwendungen die Anforderungen an die IT-Ressourcen noch zusätzlich erhöht.

„Die Verlagerung der Datenerfassung und Datenverarbeitung von den Datencentern hin zur Vor-Ort-Verarbeitung legt die Grundlage für die Umsetzung neuer Geschäftsmodelle. Die neuen Datenströme und Datenlasten erfordern daher die Nutzung kleinerer, verteilter, miteinander verbundener Rechenzentren (möglicherweise in Colocation-Zentren installiert), die näher an den Datenquellen und Datennutzern liegen.

Ein IDC-Report weist auch darauf hin, dass die Edge-basierten IT-Umgebungen die Grundlage für kommende Innovationen bilden werden. Es ist daher ein erneutes Umdenken erforderlich. Die bisherige Konzentration der IT in zentralen Rechenzentren oder in Colocation/Cloud-Rechenzentren erweist sich inzwischen als eine nicht nachhaltige Strategie für die digitale Transformation.

Fazit

Die IoT-Technologie steht in den Startlöchern und wartet darauf, seine Aufgaben in den Unternehmen zu erfüllen. Durch die Realisierung von digitalen Edge-Bereichen werden die IoT-Anwendungen sicherer und enger mit den im Unternehmen bereits vorhandenen IT-Ressourcen verzahnt und sind dadurch in der Lage, die hohen Erwartungen der Unternehmen zu erfüllen.