Bei einer Fehlersuche in einem Netzwerk erinnerte ich mich an die Tugenden einer guten VoIP-Planung: Eine Vorprüfung der Netzressourcen ist oftmals bereits der halbe Betrieb und deckt bereits Schwierigkeiten im Vorfeld auf. Das spart viel Zeit und Geld und sorgt für eine klare Basis auf die die VoIP-Architektur aufbauen kann.
Bei einer Fehlersuche in einem bestehenden Netzwerk, besteht der erste Schritt darin, die Rechnungen und Verträge der Carrier, der Gerätelieferanten und der Dienstleister unter die Lupe zu nehmen. Diese Informationen tragen dazu bei, dass man sich ein genaues Bild von der Situation vor Ort machen kann. Wer hat was zu sagen, wer hat was geliefert, installiert, versprochen usw. Welche Arbeiten wurden ausgeführt? Was fehlt noch? Ein sinnvoller zweiter Schritt bei der Fehleranalyse besteht darin, eine grobe Inventur vorzunehmen. Anschließend ist eine Zuordnung der Verbindungen zwischen den Websites und den Diensten notwendig. Erst danach werden die Verbindungen und Dienste in der Praxis analysiert. Hier ist es immer empfehlenswert mit der Analyse der Dienste an der Demarkationslinie zu beginnen.
In meinem Kundennetz bestätigte sich eine meiner alten Theorien: Die Installateure eines späteren zum bestehenden Netzwerk „verschlimmbessern“ die Probleme im Netzwerk meist. In unserem Fall haben die Ingenieure der VoIP-Komponenten sich an den bestehenden Workarounds abgearbeitet und versucht Netzwerkverbindungen zu beheben, die nie dazu bestimmt waren, zu funktionieren. Ein Mix aus chaotischen Zuständen, alten Ressourcen und ungelöster Probleme erschwerte die Fehleranalyse. Hier sind einige der Probleme, die ich entdeckte:
- Bonded E1s (also mehrere E1-Strecken, die zu einem Trunk zusammengefügt wurden). Diese Verbindung führte den Sprachverkehr vom Carrier zur lokalen IP-Telefonanlage. Die Sprachverbindungen zu den verschiedenen Niederlassungen wurden jedoch nicht über diese Verbindung übermittelt.
- Rudimentär Programmierreste auf der Hardware (Switches, Router, Firewall) des Kunden, zeugten von dem Versuch, irgendwelche virtuellen LANs einzurichten.
- Dem Session-Border-Controller (SBC), der vor der Telefonanlage und nach der Firewall installiert war, mangelte es an einer ausreichende Lizenzierung für „gleichzeitige Anrufe“.
- Ein falsch konfiguriertes Firewall-Failover und einem aktivierten Load-Balancing führte zu einem Überschuss von Bandbreite, was die Probleme noch verstärkte. Wahrscheinlich war das Extra an Bandbreite als Lösung aller Probleme gedacht.
- Zahllose handelsübliche Switches arbeiteten irgendwie in den Pfaden zwischen den VoIP-Strömen und waren wahrscheinlich als Allheilmittel für ein paar Probleme gedacht.
Interessanterweise habe ich auch „MPLS“ auf einigen programmierten Ports sowie in einem der Verträge gefunden. So etwas fordert zwangsläufig die Frage heraus: Wo endet der SIP-Verkehr beim Carrier-Standort? Obwohl tatsächlich kein MPLS-Netz vorhanden war, wurde die Idee der Trennung des Sprach- und Datenverkehrs verwirklicht. Die an diesen Verbindungen beteiligten Parteien (IT-, IT-Subunternehmer, PBX-Anbieter, PBX-Subunternehmer und drei Carrier) hatten den Versuch unternommen, den Verkehr über das Netzwerk ordnungsgemäß zu routen. Wahrscheinlich konnten sie einfach eine richtige Konfiguration nicht herausfinden.
Diese Entdeckungen untermauerten die Beschwerden der Benutzer in den abgesetzten Niederlassungen. Sie sagten immer wieder: „Die Sprachübertragung funktioniert nie richtig und Leitungsunterbrechungen und seltsame Geräusche sind an der Tagesordnung.“ Hinzu kamen noch Beschwerden, dass die Anwendungen nur langsam antworteten und die Einsicht, dass das Netzwerk unter Umständen weitere Probleme aufweist und wahrscheinlich nicht mehr zu reparieren war.
Je tiefer wir gruben, je mehr Probleme wurden entdeckt. Im Netzwerk herrschte ein Mangel an Konsistenz in Kombination mit schlecht ausgeführten Arbeiten. Die Verkabelung, die Stromversorgung, die Programmierung und Installation hatten ein großes Problem: Die Arbeiten wurden von einem Unternehmen ausgeführt, das hierfür nicht qualifiziert war.
Dabei spielt die Qualität der VoIP-Komponenten im Zusammenwirken mit dem vorhandenen Netzwerk- und Server-Systemen eine wichtige Rolle, wenn es um die Voice-Readiness des Netzwerks geht. Kleinste Ungereimtheiten können oft eine Kettenreaktion auslösen. Die Suche nach der Ursache der Schwachstellen wird oft zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ein qualifiziertes VoIP-Predeployment und Qualitäts-Management hätte die Probleme bereits im Vorfeld aufgedeckt.
Bei der VoIP Vormessung wird überprüft:
- ob das Netzwerk VoIP-Ready ist,
- wie gut die Anwendung VoIP im bestehenden Netzwerk funktionieren wird und
- an welchen Stellen im Netzwerk Engpässe bestehen und/oder nachgebessert werden muss.
Es wird ein bestehendes und für andere Anwendungen genutztes Netzwerk auf VoIP-Readiness getestet. Zwischen im Netz verteilten Messendpunkten (Mess-Software) wird der VoIP-Verkehr entsprechend eines zu definierenden VoIP-Nutzungsprofils erzeugt. Dabei können tausende VoIP/UC-Anwender mit entsprechendem VoIP-Codec simuliert werden. Durch die Simulation in einem solchen Umfang erreicht man Aussagen über die Qualität in einem Szenario, welchen den späteren Einsatz der UC-Lösung perfekt nachbildet.
VoIP-Readiness