Die fünf Warums der Problemlösung

Mit Hilfe einer uralten Strategie lassen sich die Probleme der Kommunikationstechnik von heute lösen.

"Die Formulierung eines Problems ist oft wichtiger als dessen Lösung, da dieses bloß eine Angelegenheit der Mathematik oder eines Laborversuchs darstellt.
Albert Einstein

Manchmal bin ich im Leben ein wenig spät dran. Bei Filmen  sehe ich mir oft die Blockbuster erst Jahre nach deren Erscheinen an. Bisher habe ich weder Harry Potter, noch den Exorzisten gesehen. Auch habe ich alle Folgen von Star Wars verpasst. Irgendwie sind in den vergangenen 20 Jahren alle  Top-Ten-Filme an mir vorbei gerauscht. Das gleiche gilt für Bücher und doch bin ich ein unersättlicher Leser. Daher ist es für mich auch nicht allzu überraschend, dass ich erst jetzt eine Idee aufgreife, die vor mehr als 60 Jahren entwickelt wurde.

Taiichi Ohno gilt heute als ein Pionier der Automatisierung und der Automobilproduktion. Er hat diesen Ruhm während einer Jahrzehnte langen Karriere bei Toyota hart erarbeitet. Er gilt als der Vater des Toyota-Produktionssystems, durch das sich ein kleines, regionales in einen weltweit führenden Automobilbauer gewandelt hat. Taiichi Ohno entwickelte in den 1950er Jahren ein System zur Problemlösung, welches er als "die fünfe Warums" bezeichnete. Er forderte seine Kollegen mit diesem Konzept dazu heraus, sich nicht auf die erste mögliche Lösung zu konzentrieren, sondern tiefer nach Ursache eines Problems zu graben.

Eines der berühmten Beispiele von Herrn Ohno betraf einen Schweißroboter, der in aus unerfindlichen Gründen seinen Betrieb eingestellt hat. Er näherte sich der Lösung des Problems wie folgt:
•    "Warum hält der Roboter an?" – Ist die Schaltung überlastet, so dass eine Sicherung durchgebrannt ist.
•    "Warum wurde die Schaltung überlastet?" – Liegt es an der fehlenden Lagerschmierung, so dass diese blockieren.
•    "Warum wurden die Lager nur unzureichend geschmiert?" - Die Ölpumpe sorgt nicht für eine ausreichende Zirkulation des Öls auf dem Roboter.
•    "Warum zirkuliert die Pumpe nicht ausreichend Öl?" – Der Eingang der  Pumpe ist mit Metallspänen verstopft.
•    "Warum ist der Eingang der Pumpe mit Metallspänen verstopft?" - Es befindet sich kein Filter vor der Pumpe.
Stoppt ein Techniker die Suche nach einer möglichen Ursache bereits nach dem ersten oder zweiten Lösungsansatz, dann kann der Roboter eventuell wieder zu arbeiten beginnen. Dieser wird jedoch bald wieder stillstehen, weil die Pumpe bald wieder blockiert wäre und die Sicherung erneut auslösen würde. Dies hätte zwangsläufig eine weitere Verzögerung zur Folge und die gefertigte Stückzahl würde sinken.
Natürlich kann ein Problem mehrere Ursachen haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man die "Fünf Warums" in der Praxis nicht anwenden kann. Vielmehr bedeutet es einfach, dass es Probleme geben kann, die es erfordern, dass man die "Fünf Warums" mehrmals mit verschiedenen Ausgangsfragen anwenden muss.
Es gibt natürlich auch Fälle, bei denen die Problemsuche auf Basis der "Fünf Warums" etwas übertrieben ist und das Problem in weniger Schritten gefunden werden kann. Die Faustregel besagt, dass die Ursache gefunden ist, wenn eines der Warums einen kaputten Prozess aufdeckt oder ein abnormales Verhalten darstellt.
Auch sollte man sich vor Antworten wie beispielsweise "nicht genug Arbeitskräfte" und "nicht genügend Zeit" hüten, denn diese führen zu ungültigen Schlussfolgerungen. Die Methodik der "Fünf Warums" besagt, dass "Prozesse scheitern können, Menschen jedoch nicht."

Umsetzung der "Fünf Warums" in einem UC-Umfeld
Als ich über die "Fünf Warums" und meine Erfahrungen in der Kommunikationswelt nachdachte, wurde mir klar, dass diese Methode auf nahezu alle Aspekte (technisch und empirisch) und  Anwendungen anwendbar sind und dazu beitragen können, bestimmte Probleme besser zu finden.
Die Suche nach den Fehlerursachen, die zu einer geringen Kundenzufriedenheit oder einer schlechten Sprachqualität führen, sind von der Herangehensweise identisch. Obwohl die geringe Kundenzufriedenheit ihre Ursache auf ein fehlerhaftes IVR (Integration Voice Response) System zurückzuführen ist und eine schlechte Sprachqualität in einem falsch aufgelegten LAN-Kabel, einem überlasteten Switch/Roter oder falschen Codecs ihre Ursache haben können, sollte jedes Problem auf ähnliche Art und Weise in Angriff genommen werden.
Die Komplexität der „Warums“ führt in der Datenkommunikationswelt sehr schnell hinab in die tiefsten Tiefen der Technik. Beginnt man beispielsweise mit einer simplen Problemstellung: "Die Kunden beschweren sich über eine schlechte Qualität der Anrufe", dann kann man sehr schnell in die Technik abtauchen und am Ende die Lösung mit der Antwort "es liegt an kaputten RTCP-Paketen" dokumentieren. Dies Herangehensweise erfordert sehr viel Wissen und eventuell die Zuarbeit von anderen Menschen mit dem benötigten Spezialwissen.
Niemand sollte daher vorschreiben, wer die "Fünf Warums" fragt und wer diese Fragen beantworten darf. Es geht nur darum, dass die Fragen gestellt und umfassend beantwortet werden.

Ich habe die Fünf Warums" auf ein reales Problem projiziert, welches ich vor kurzem lösen musste:
•    Warum kann sich Nutzer „A“ von einer bestimmten Art von SIP-Telefon an seinem Voice-Mail-Konto nicht anmelden? Die DTMF-Signale werden vom Voicemail-System nicht erkannt.
•    Warum werden die DTMF-Signale vom Voicemail-System nicht erkannt? die DTMF-Signale werden nicht empfangen.
•    Warum werden die DTMF-Signale nicht empfangen? Das Telefon sendet diese zwar aus, aber diese gehen auf dem Weg zum Voice-Mail-System verloren.
•    Warum gehen die DTMF-Signale auf dem Weg zum Voice-Mail-System verloren? Die DTMF-Signale werden nicht über den SIP-Trunk übermittelt.
•    Warum werden die DTMF-Signale nicht über den SIP-Trunk übermittelt? Der SIP-Trunk ist nicht gemäß RFC 2833 konfiguriert und das SIP-Telefon sendet die DTMF-Signale Out-of-Band per SIP-INFO aus.

Fazit
Das Leben kann manchmal sehr chaotisch sein und die Probleme scheinen manchmal überhand zu nehmen. Hält man sich an die Vorgaben von Herrn Taiichi Ohno, dann kann man durch das Abfragen der "Fünf Warums" sehr viel Zeit sparen und unter Umständen bessere Ergebnisse erzielen. Es gilt: Je länger ein Problem als gelöst gilt, je länger kann man sich auf andere (eventuell sinnvollere) Arbeiten konzentrieren.