ITIL-Zertifizierung im IT-Service-Management

ITIL gilt weltweit als de-facto führendes Framework im IT-Service-Management. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen nutzen es, um ihre Abläufe zu optimieren und Prozesse zu standardisieren. Seit 2021 hält Peoplecert die Rechte an ITIL und vergibt Zertifizierungen an Unternehmen und Personen. Doch sollte ein kommerzielles Unternehmen ein derart bedeutendes Gütesiegel monopolisieren? Lohnt sich der Aufwand einer Zertifizierung? Und welche Hürden gibt es für kleinere Anbieter?
„ITIL ist das weltweit führende Framework für IT-Service-Management. Es beschreibt verschiedene Abläufe und Managementstrukturen, die Unternehmen helfen, ihre IT effizient zu steuern“, erklärt Markus Bause, Vice President Product & Marketing bei Peoplecert. Das Framework umfasst 34 sogenannte Practices, darunter Incident-Management, das Störungen identifiziert und behebt, sowie Change-Enablement, das größere Veränderungen unterstützt. Zahlreiche Software-Hersteller bieten Lösungen an, um diese Practices in ihre Systeme zu integrieren. „Wir prüfen, wie gut das funktioniert – und ob das Team dahinter entsprechend geschult ist. Dafür vergeben wir Zertifikate, damit Kunden sicher sein können, dass die Software und das Unternehmen tatsächlich liefern, was sie versprechen.“
Peoplecert hat vor vier Jahren die Rechte an ITIL für einen dreistelligen Millionenbetrag erworben. Kritiker sehen darin eine Monopolisierung. Bause hält dagegen: „Das Geschäftsmodell haben wir nicht erfunden. ITIL entstand in den 1980er Jahren, als die britische Regierung feststellte, dass ineffiziente IT-Prozesse Entscheidungen ausbremsten. 2013 folgte die Kommerzialisierung durch ein Joint-Venture zwischen der Regierung und einem Unternehmen, das ITIL weiterentwickelte. Heute ist ITIL ein weltweit anerkanntes Framework und wir arbeiten eng mit über 1.500 Partnern und Experten zusammen. Unser Ziel war es nie, ein Monopol aufzubauen, sondern das ITIL-Ökosystem zu erhalten und zu verbessern.“

ITIL-Zertifizierung als Kostenfaktor und Wettbewerbsvorteil im ITSM-Dschungel

Die Zertifizierung ist jedoch mit Aufwand verbunden – sowohl finanziell als auch personell. Schulungen und Prüfungen erfordern Zeit und Ressourcen. Für Rico Barth, CEO von KIX Service Software, dem Anbieter der aus Deutschland stammenden Open-Source-ITSM-Software KIX, lohnt sich die Investition dennoch: „Die Vorgaben sind umfangreich, aber der Nutzen überwiegt. Bei der Produkt-Zertifizierung mussten wir darlegen, wie unsere ITSM-Software das Framework unterstützt. Auch für unsere Mitarbeiter ist die Zertifizierung herausfordernd, aber Peoplecert zeigt sich flexibel bei der Terminfindung, um Ausfallzeiten zu minimieren.“
KIX hat sich in 15 Practices der Zertifizierung unterzogen, darunter Knowledge und Relationship Management. Widerstand aus den eigenen Reihen habe es dabei nicht gegeben, betont Barth: „Unsere Kunden fragen gezielt nach zertifizierten Practices. Wir könnten ihnen einfach sagen, dass wir die Anforderungen erfüllen – aber die unabhängige Prüfung durch Peoplecert zeigt, dass mehr als heiße Luft dahintersteckt.“ Gerade mit Blick auf Vorschriften wie den Cyber-Resilience-Act oder IT-Grundschutz gewinne ITIL an Bedeutung.
Doch was ist mit kleineren Unternehmen, die nicht über die Mittel für eine Zertifizierung verfügen? „Für sie ist es schwieriger“, räumt Bause ein. „Deshalb gibt es verschiedene Stufen der Zertifizierung. Ein Unternehmen muss sich nicht allen 34 Practices stellen. Bereits eine Handvoll Zertifizierungen zeigt Kunden, dass ein Produkt geprüft und sicher ist.“ KIX setze zudem auf Open Source, was sich gut mit ITIL verbinden lasse. „Anwender können den Quellcode selbst anpassen und flexibel auf ihre Bedürfnisse abstimmen.“

ITIL-Zertifizierung: Qualitätssiegel oder Pflicht?

Wie bei der Hauptuntersuchung eines Autos müsse eine ITIL-Zertifizierung regelmäßig erneuert werden. Für Barth ist das kein Problem. „In einem Auto mit abgelaufener Plakette hätte ich kein gutes Gefühl. Es ist wichtig, die Qualität regelmäßig überprüfen zu lassen. Unsere Kunden schätzen das. ITIL ist nicht nur ein Gütesiegel, sondern eine echte Auszeichnung.“
Der Fokus auf Menschen sei entscheidend, ergänzt Bause. „Wir haben vor 25 Jahren mit der Zertifizierung von Menschen begonnen – lange bevor wir Software prüften. Denn ITIL funktioniert nur, wenn diejenigen, die es umsetzen, wirklich verstehen, was sie tun. Unser Programm stellt sicher, dass nicht nur die Software, sondern auch die Köpfe dahinter den Standards entsprechen.“
Rico Barth sieht die Prüfung nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance. „Die Zertifizierung kann ein Sprungbrett für kleinere und mittlere Unternehmen sein. Mit unseren 15 zertifizierten Practices spielen wir auf Augenhöhe mit den ganz großen ITSM-Anbietern wie Servicenow, Atlassian oder Topdesk. ITIL ist nicht nur ein Qualitätssiegel, sondern auch ein starkes Marketinginstrument, das Aufmerksamkeit erzeugt.“
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