Trotz des Trends zur Automatisierung schöpfen viele Firmen das volle Potenzial ihrer technologischen Investitionen nicht aus

Viele Unternehmen entscheiden sich, ihre Prozesse zu automatisieren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen — sei es die Verbesserung der internen Effizienz, der Kundenzufriedenheit oder anderer wichtiger Geschäftsergebnisse. In den letzten Jahren hat sich der Einsatz von Prozessautomatisierung immer weiter verbreitet. Laut der Studie „Stand der Prozessorchestrierung 2023“ planen 91 Prozent der IT-Entscheidungsträger, in den nächsten 24 Monaten verstärkt in die Prozessautomatisierung zu investieren.

Auch wenn immer mehr Automatisierungstechnologien eingesetzt werden, schöpfen viele Unternehmen noch nicht den vollen Mehrwert und das Potenzial ihrer Automatisierung aus. Unternehmen sind zwar auf den derzeitigen Automatisierungstrend aufgesprungen, mussten dann allerdings feststellen, dass sie ihre Benchmarks in Bezug auf Effizienz und Wertschöpfung nicht erreichen konnten.

 

Beschleunigung digitaler Projekte durch die Pandemie

Es ist keine Überraschung, dass der weltweite Corona-Shutdown viele Unternehmen veranlasst hat, beim Thema digitale Transformation kreativ zu werden. Infolgedessen wurden viele Projekte, die vorher mehrere Jahre in Anspruch genommen hätten, innerhalb von zwölf Monaten oder noch schneller umgesetzt. Die folgenden Angaben von KPMG sagen aus, wie viele CEOs (in Prozent) davon ausgehen, dass sich ihr Fortschritt in den folgenden Bereichen um einige Monate oder Jahre beschleunigt hat:

  • 76 % — Digitale Abläufe und Betriebsmodelle.
  • 70 % — Digitale Geschäftsmodelle und Einnahmequellen.
  • 75 % — Nahtloses digitales Kundenerlebnis.
  • 66 % sprachen von einem neuen Arbeitskräftemodell, bei dem künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung die menschlichen Arbeitskräfte ergänzen.

Trotz dieser massiven, kurzfristigen Änderungen standen viele Unternehmen nach dem Ende des Lockdowns vor schwierigen Entscheidungen bezüglich ihrer Technologieinvestitionen. Dies führt zum nächsten Trend: der daraus resultierenden technischen Schulden.

 

Explosion der Technologieinvestitionen

In den letzten Jahren (bereits schon vor der Pandemie) haben Unternehmen immer mehr Anstrengungen unternommen, um ihre digitale Transformation zu beschleunigen. Neue Tools und Systeme wurden in einem noch nie dagewesenen Tempo eingeführt. Tatsächlich übertrafen die Ausgaben für Software in diesem Zeitraum die allgemeine Inflationsrate um das Vierfache.

Insbesondere bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden stiegen SaaS-Ausgaben in den zwei Jahren zwischen 2020 und 2022 um 33 Prozent. Das führte jedoch häufig zu einem Wirrwarr aus Systemen, die nicht unbedingt zusammenarbeiten und/oder nicht in der Lage sind, Daten miteinander auszutauschen. Die Folgen für die Automatisierung: Unzusammenhängende Prozesse, die zu schlechten Kundenerfahrungen und Ineffizienz führen.

 

Künstliche Intelligenz

Ende 2022 wurde ChatGPT eingeführt und befeuerte das Interesse an KI bei Unternehmen und Verbrauchern. Diverse Sprachmodelle und KI gibt es zwar schon seit Jahren, aber der rasche Aufstieg der generativen KI hat eine ganz neue Diskussion dazu ausgelöst, wie KI zur Verbesserung der Produktivität, einschließlich der Automatisierungsergebnisse, eingesetzt werden kann.

McKinsey schätzt, dass generative KI für die Weltwirtschaft einen Mehrwert in Höhe von mehreren Billionen Dollar haben könnte. Auch wenn generative KI neben anderen Arten von KI für die Automatisierung sehr wertvoll ist, müssen Unternehmen bei diesem Hype äußerst vorsichtig sein. Sie sollten sich zunächst überlegen, wie KI in das Gesamtbild aller Investitionen in Software- und Automatisierung passt, damit alle diese Technologien nahtlos zusammenarbeiten.

 

Inflation: Geschäftsabläufe überdenken

Die Inflation und die globale Makroökonomie erhöhen zusätzlich den Druck auf Unternehmen, die großen Investitionen in die digitale Transformation neu zu bewerten. Nahezu jeder Bereich, in dem IT-Investitionen nicht die erwarteten Ergebnisse erbrachten, wurde einer genauen Prüfung unterzogen und das Budget wurde entsprechend gekürzt. Viele Teams mussten ernüchtert feststellen, dass die neuen Systeme und Prozesse nicht auf die Geschäftsziele ausgerichtet sind.

Dies wird deutlich, wenn man sich die Daten zur Erfolgsquote ansieht. Nach Angaben von McKinsey können nur 55 Prozent der großen Unternehmen Erfolge in der Automatisierung vorweisen. Das heißt nicht, dass alle Automatisierungstechnologien eine falsche Investition waren. Oft müssen Unternehmen einfach überlegen, wie sie die Automatisierung ganzheitlich angehen. Einzelne Projekte können nur begrenzt etwas bewirken, während die End-to-End-Automatisierung das ultimative Ziel bleibt.

 

Von Silolösungen zur ganzheitlichen Automatisierung

KI-Tools oder andere zusätzliche Anwendungen einzuführen, ohne den Gesamtprozess zu berücksichtigen, wird Unternehmen jedoch auch nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Stattdessen müssen sie über die Silos nachdenken, die durch neue Software und Projekte zur digitalen Transformation entstehen. Silos beeinträchtigen die interne Effizienz, die Flexibilität des Unternehmens, die Dauer bis zur Wertschöpfung, die Kundenerfahrung sowie andere wichtige Ziele. Aber wie kann man diese Probleme überwinden und den Reifegrad der Automatisierung erhöhen?

Nach Angaben von Deloitte nutzen 92 Prozent der Unternehmen, die sich für fortschrittliche Automatisierung entscheiden, End-to-End-Automatisierung als Teil ihrer Strategie oder planen, dies in den nächsten drei Jahren zu tun. Die Prozessorchestrierung ist der stärkste Katalysator der End-to-End-Automatisierung, da sie Unternehmen den dringend nötigen Einblick in ihre bestehenden Prozesse gibt und sie in die Lage versetzt, diese kontinuierlich zu verbessern. Diese Technologie kann dabei helfen, komplexe End-to-End-Prozesse einzurichten und aufrechtzuerhalten und Teams befähigen, ihre Mitarbeitenden, Systeme und Geräte nahtlos in die Automatisierung einzubinden. Darüber hinaus bietet Prozessorchestrierung Unternehmen die nötige Flexibilität, um auf Veränderungen in ihren Geschäftsabläufen oder auf externe Compliance-Vorschriften und -Anforderungen zu reagieren.

Wenn Unternehmen also über Automatisierung nachdenken, sollten sie dies nicht im Kontext eines einzelnen Projekts oder Prozesses tun. Stattdessen sollten sie sich auf Erfolgskurs begeben, indem sie sowohl Geschäfts- als auch IT-Stakeholder in den Planungsprozess einbeziehen und die Automatisierung direkt auf die Geschäftsziele abstimmen. Orchestrieren sie Prozesse durchgängig und messen sie die Auswirkungen auf ihre Ziele, können Unternehmen ihren Reifegrad in der Automatisierung wirklich erhöhen und die gewünschten Ergebnisse erzielen.

Von Jakob Freund, Mitbegründer und CEO von Camunda