Wer lernt schneller? Die Technologie oder die IT-Profis, die damit arbeiten? Gerade Deutschland ist mit dem Vorurteil behaftet, neue Technologien nicht gerade zügig und mit offenen Armen zu empfangen. Zeitgleich dämpft der Fachkräftemangel die Innovationsfähigkeit. Und zuletzt setzt sich die Branche noch mit den Wehwehchen früherer Technologien auseinander – aus genannten Gründen nicht immer mit Erfolg.
Anlässlich des „International Day of Education“ am 24. Januar erklärt Sascha Giese, Tech Evangelist bei Solarwinds, an welchen Lernschrauben die IT-Branche jetzt unbedingt drehen sollte.
Fachkräfte „recyceln“ statt Neue beschaffen
Innovationen kommen nicht aus dem Nichts. Bei der Digitalisierung werden bestehende Praktiken oder Technologien durch Tools erweitert, und nicht von Grund auf neu entwickelt. Wenn es also darum geht die richtigen Experten oder Expertinnen für eine neue Anwendungen zu finden, lohnt sich oft ein Blick in die eigenen Reihen. Indem man das Skill-Set einer Fachkraft erweitert, schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe – der Mitarbeitende freut sich über die neue Perspektive und man spart sich die teure Rekrutierung eines (raren) Profis.
Für den Aufbau von digitaler Infrastruktur könnte auf kurz oder lang die Kybernetik für entscheidende Neuerungen sorgen. Viele Unternehmen haben aber bereits Fachkräfte für herkömmliche Infrastrukturen. Warum also nach einem Kybernetik-Experten suchen, wenn bereits jemand zur Hand ist, der den halben Weg dorthin schon beschritten hat, mit aktuellen Systemen vertraut ist und praxisnahe Erfahrung vorweisen kann?
Für solche Fälle sollten Unternehmen bei ihren Mitarbeitenden einen Lernhunger schüren und Angebote zu Fortbildungen je nach Bedarf anbieten. Das allein reicht jedoch noch nicht aus. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitenden auch die Zeit einräumen sich weiterzubilden. Außerhalb der Arbeitszeiten zu lernen, weckt kaum Motivation.
Ein weiteres Beispiel wäre, Cloud-Administratoren im Umgang mit verschiedenen Clouds zu schulen. In Zeiten von Multi-, Hybrid-, Private- und Public-Cloud-Umgebungen ist es nicht ungewöhnlich zwischen verschiedenen Providern zu wechseln. Spätestens dann wäre es gut, wenn sich der hauseigene Cloud-Admin bereits mit den Grundzügen der jeweiligen Cloud auskennt oder ein generell vertieftes Verständnis für unterschiedliche Umgebungen und ihre Funktionsweisen hat.
Grundsatzwissen schaffen
Neben vertieftem Wissen bei einzelnen Fachkräften lohnt es sich aber auch, ein allgemeines Basiswissen zu etablieren. Gerade in großen IT-Unternehmen sollte jeder Mitarbeitende ein gewisses Know-how über die wichtigsten Prozesse haben. Das vereinfacht die Zusammenarbeit zwischen Teams und Abteilungen.
Zum Standard-Skill-Set eines IT-Mitarbeitenden sollten beispielsweise auch Programmierkenntnisse gehören. Ausgefeilten Code muss man dafür aber nicht mehr erstellen können, zumindest nicht, wenn man einen Low Code-/No-Code-Ansatz in Betracht zieht. Hierbei handelt es sich um eine stark vereinfachte Form des Codings, bei dem der Code in einzelne, visuelle dargestellte Bausteine zerlegt wird, die je einer codierten Anwendung entsprechen. Um einen funktionierenden Code zu schreiben, werden diese Teile nur noch zusammengesetzt – ähnlich wie bei Klemmbausteinen.
Aber ohne das zugrundeliegende Basiswissen kann auch das nicht funktionieren. Allerdings ist es einfacher zu vermitteln als das klassische Coding in all seinen Programmiersprachen. Und selbst, wenn das tiefergehende Coden nötig werden sollte, gibt es bereits Bestrebungen selbst kleine Codezeilen als solche Bauteile zu nutzen. Mit anderen Worten: das Programmieren wird immer einfacher und leichter zu vermitteln und zu verstehen. In einer digitalisierten Welt ein enormer Vorteil.
Künstliche Intelligenz intelligent vermitteln
Nicht alle haben bereits gelernt richtig mit KI umzugehen. Chatbots sind auch nur so gut, wie die Prompts, mit denen sie gefüttert werden. Das wird so aber nicht bleiben. Gerade weil diese Technologie immer weiter in alle Systeme integriert werden wird, lohnt es sich schon jetzt in Fortbildungen zum KI-Handling zu investieren. Je besser sich Mitarbeitende damit auskennen, desto besser können Bots und Automatisierung kleine Aufgaben effektiv übernehmen.
Aber auch diejenigen, die besagte KIs entwickeln, können noch etwas lernen. Künstliche Intelligenzen sind wie Kinder, die sich alles von uns abschauen. Dabei übernehmen sie die Vorstellungen, Meinungen und Gewohnheiten ihrer Erbauer. Leider führt das aber auch dazu, dass KIs nicht divers sind – und das in einer diversen Welt. Bereits vor Jahren hat man bemerkt, dass eine falsch trainierte KI auch zu Diskriminierung führen kann. Trainiert man sie nur mit männlichen Stimmen, reagiert sie nicht auf weibliche. Trainiert man Gesichtserkennung nur mit weißen Gesichtern, erkennt sie keine dunklen Hauttypen. Bei einer Technologie, die zukünftig immer und überall eingesetzt werden wird, ist das eine denkbar schlechte Ausgangslage.
KI-Entwickelnde sollten sich also ein erweitertes Bewusstsein für ethische und gleichberechtigende Ansätze aneignen. Unternehmen können dafür sorgen, dass die Entwicklungsteams möglichst divers aufgestellt sind. Dabei spielt nicht nur Hautfarbe oder Geschlecht eine Rolle, sondern auch Religion, physische Einschränkungen und Kultur. Auch unterbewusste Vorurteile können ihren Weg in den Code einer KI finden und sie dort aufzuspüren und zu entfernen ist fast unmöglich. Es klingt sehr banal, aber Entwickler müssen lernen und verstehen, dass die Welt nicht nur Schwarz und Weiß ist und dieses Wissen an ihre KIs weitergeben – bewusst und unbewusst.
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