Sind Smart-Cities sicherere Städte?

Nach Angaben der Vereinten Nationen werden bis 2050 zwei von drei Menschen in urbanen Regionen leben. Diese Zunahme der Stadtbevölkerung wird zweifellos eine noch größere Belastung der öffentlichen Verwaltung bedeuten.

Angesichts der wachsenden Nachfrage der Einwohner nach immer flexibleren und effizienteren öffentlichen Dienstleistungen, müssen die Städte in der Lage sein, sich schnell und mit überschaubaren Kosten anzupassen, um aktuelle Probleme lösen und künftige Anforderungen erfüllen zu können. Langfristig bedeutet dies, dass Städte intelligenter werden müssen, also dem Leitbild der Smart-Cities folgen, um höhere Sicherheit und Resilienz zu bieten.

 

Probleme auf intelligente Art lösen

Die Smart-Cities-Bewegung gibt es schon seit Jahren. Und die Städte haben große Fortschritte bei der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie vollzogen, um Daten zu liefern, Erkenntnisse zu gewinnen und spezielle Fragestellungen zu lösen. Beispiele dafür sind die Erhöhung der Reaktionsfähigkeit im Notfall- und Rettungswesen, die Optimierung der Verkehrs- und Mobilitätsbedingungen sowie die Verbesserungen in den Bereichen Abwasser und Straßenbeleuchtung, um nur einige zu nennen.

Doch allzu oft handelt es sich dabei um Lösungen spezifischer, singulärer Herausforderungen, während die Probleme in den Städten oft miteinander verknüpft sind – beispielsweise die Auswirkungen von verkehrstechnischen Änderungen auf die Reaktionszeiten im Rettungswesen oder die Auswirkungen der Straßenbeleuchtung auf Kriminalität. Obwohl jedes Dezernat und jeder Fachbereich eigene Anforderungen und Besonderheiten hat, gibt es oft Überschneidungen zwischen den Problemstellungen. Durch das Erkennen und gemeinsame Angehen dieser Überschneidungen werden intelligentere und sicherere Städte geschaffen.

 

Die Antwort liegt in der Integration und Koordination

Eine integrierte Betrachtungsweise einer Stadt oder Region kann neue Prozesse und Lösungen vorantreiben. Häufig überwachen Dezernate bzw. städtische Ämter die Anforderungen der Bürgerschaft und verwalten ihre jeweiligen Dienstleistungen isoliert, jede mit ihren eigenen IT-Systemen. Dieser Ansatz mindert die Effizienz und Flexibilität, insbesondere in Notfällen und krisenhaften Situationen. Durch den Zugriff auf und die gemeinsame Nutzung von Daten aus verschiedenen Quellen in einer integrierten operativen Ansicht können jedoch Organisationen in einer Stadt oder Region das gemeinsame Lagebild, die Kommunikation und die Koordination verbessern. Das Ergebnis ist eine schnellere und effizientere Reaktion und Vorfallbewältigung. Sprechen wir hier von einer gemeinsamen Nutzung von Daten ist damit keineswegs automatisch gemeint, dass man seine Datenhoheit verliert und Informationen ungefiltert oder gar vollumfänglich zur Ansicht oder gar Nutzung durch andere Beteiligte freigibt.

Integrierte Operationen sind ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie Technologie die Behörden und Organisationen in einer Stadt oder in einem Land mit wichtigen Informationen versorgen können. Eine Methode ist die Zusammenarbeit zwischen ähnlichen Behörden. Die Feuerwehr Kassel ist ein gutes Beispiel für die gemeinsame Nutzung von Daten. Um die logistischen Herausforderungen der Flüchtlingsbewegung aus Syrien und aktuell aus der Ukraine zu bewältigen, hat die Berufsfeuerwehr Kassel eine Lösung für die Stabs- und Lageinformation eingeführt, die es ihr ermöglicht, sich eng mit verschiedenen öffentlichen Stellen, medizinischen Diensten und Hilfsorganisationen in der Region Kassel abzustimmen und zu kommunizieren. Dank der Software war und ist die Feuerwehr in der Lage, Aufgaben zur Koordinierung der Maßnahmen zur Unterstützung der Geflüchteten auch an mehreren Einsatzorten in der Region gezielt zu steuern und den Überblick zu behalten. Die Feuerwehr aktiviert mit dieser IT-Lösung vorkonfigurierte Einsatzpläne, nutzt gezielt Kommunikationskanäle und bedient sich eines gemeinsamen Lagebildes, auf das auch andere beteiligte Stellen und Einheiten der Gefahrenabwehr zugreifen können. Die Lösung visualisiert und strukturiert die gesamten Arbeitsabläufe, einschließlich der Rollen und Verantwortlichkeiten der Einsatzteams. Darüber hinaus nutzt die Feuerwehr Kassel diese Stab-/Lageinformations-Lösung nicht nur zur Verwaltung von durchschnittlich 15 bis 20 geplanten und ungeplanten Ereignissen pro Jahr, sondern sie ist ein fester Bestandteil der täglichen Gefahrenabwehr.

Die Vorteile des integrativen Ansatzes gehen jedoch über den Nutzerkreis aus Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben hinaus. Die Integration verschiedener öffentlicher und privater Organisationen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Einwohner*innen kann die Zusammenarbeit auf eine neue Ebene heben. Dabei werden Kommunikationsbarrieren beseitigt und Prozesse vereinfacht. Die Bereitstellung eines sicheren und effektiven Mittels für den Zugriff auf und die gemeinsame Nutzung von Daten mit allen Beteiligten in einer Stadt verleiht den öffentlichen Dienstleistungen mehr Flexibilität und Effizienz.

 

Zusammenarbeit in der ganzen Stadt

Die brasilianische Stadt Manaus zum Beispiel hat ein städtisches Kooperationszentrum eingerichtet, in dem Notfallorganisationen, Verkehrsbetriebe und andere Behörden untergebracht sind. Die integrierten Technologien dieses Zentrums liefern ein Echtzeit-Lagebild aus der Stadt mit automatischer Erkennung von Vorfällen und der Reaktion auf eine Vielzahl von Anforderungen (z. B. Notfälle im Bereich der öffentlichen Sicherheit, bei Parkverstößen und erforderlichen Reparaturen an der Infrastruktur). Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden die integrierten Daten von Überwachungssystemen, Wetterstationen und Sensoren verschiedenster Art im gesamten Stadtgebiet automatisch analysiert und der zuständigen Abteilung zur Bearbeitung zugewiesen. Die automatisierten Benachrichtigungen und koordinierten Arbeitsabläufe ermöglichen es den Behörden, Probleme und Vorfälle schneller zu erkennen und zu beheben.

Die Möglichkeiten für die Entwicklung intelligenter Städte sind vielfältig. Die Vorteile für die Bewältigung von Vor- und Notfällen sowie für öffentliche Dienstleistungen aller Art sind erheblich. Über den Einsatz von Daten und Technologien zur intelligenten Lösung von Fragestellungen lassen sich Ressourcen in Städten besser nutzen, effizientere kommunale Dienste anbieten und die Grundlagen für eine sicherere und widerstandsfähigere, d.h. resilientere Zukunft schaffen.

Von Luzius Ammann, EMEA Business Development, Hexagons Safety, Infrastructure & Geospatial Division