Schule muss auch im Digitalen ein geschützter Raum bleiben!

Ralf Koenzen, Geschäftsführer Lancom

Noch Anfang des Jahres wurde die zögerliche Umsetzung des Digitalpakts Schule diskutiert, jetzt hat das deutsche Bildungswesen quasi über Nacht rapide Fahrt aufgenommen bei der Digitalisierung. Auch die Politik zeigt sich agil und möchte unbürokratisch und schnell 100 Millionen Euro aus dem „Digitalpakt Schule“ für die digitale Unterrichtsabsicherung verfügbar machen, wie Bundesbildungsministerin Karliczek am vergangenen Donnerstag verkündete. So bitter die Hintergründe dafür sind: die aktuell spürbare Entschlusskraft stimmt positiv – und das nicht nur in der Krise, sondern auch für die Zukunft.

Doch bei aller begrüßenswerten Tatkraft und dem nachvollziehbaren Wunsch nach schnellen Lösungen: allzu leicht dürfen wir uns die Sache nicht machen. So ist dieser Tage zu beobachten, dass in einigen Bundesländern ohne Zögern der Datenschutz ad-acta gelegt wurde. Offensichtlichstes Beispiel ist das Rundschreiben eines Kultusministeriums, mit dem Schulen „aus aktuellem Anlass“ die Nutzung von Cloud-Diensten aus dem Nicht-EU-Ausland empfohlen wird, die aus Datenschutzgründen auf der Webseite desselben Ministeriums auch heute noch „grundsätzlich in Frage“ gestellt werden.

Auch wenn die Motivation nachvollziehbar ist: Die Langfristfolgen dürfen nicht aus dem Blick geraten. Wie sollen Datenschutzbeauftragte Schulen künftig zum angemessenen Schutz sensibler Schülerdaten bewegen, wenn jegliche Bedenken nun auf höchster Ebene hintenangestellt werden?

Keine Frage, die derzeitige Situation erfordert schnelle Antworten. Sie macht die Dringlichkeit, mit der digitale Lernformate endlich Teil des Schulalltags werden müssen, mehr denn je deutlich. Digitale Plattformen, Messenger, Lern-Apps und Cloud-Dienste sind äußerst praktisch und können durch die Zeit der Schulschließungen helfen. Aber, und da gibt es kein Vertun: Sie müssen im Einklang mit hiesigem Datenschutzrecht stehen! Ausnahmen dürfen wirklich nur in begründeten Einzelfällen gemacht werden – und stets nur in Verbindung mit verbrieften Garantien, dass diese Lösungen nach dem Ende der Ausnahmesituation schnell und verlässlich wieder aus den Schulen verschwinden.

Hier stehen Kultusministerien, Datenschützer, Schulträger und Schulleitungen in der Verantwortung. Sie müssen sicherstellen, dass die Corona-Krise keine Datenschutzkrise nach sich zieht. Dass – auch wenn Eile geboten ist –, genau hingeschaut wird, mit welchen Risiken und Nebenwirkungen die vielfältigen digitalen Bildungsangebote daherkommen.

Denn es gibt sie durchaus, die DSGVO-konformen Lösungen für die Schuldigitalisierung. Nur kommen diese oft von kleineren europäischen Anbietern, die in der Öffentlichkeit nicht dieselbe Sichtbarkeit haben, wie die Lösungen großer Techkonzerne aus Übersee. Sie zu identifizieren ist Aufgabe und Chance zugleich. Sie einzusetzen wiederum ist eine klare Entscheidung – dafür, dass Schule auch im Digitalen als geschützter Raum erhalten bleibt.

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