5G im ländlichen Raum mit Satellitenunterstützung

Bereits 2019 haben führende Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland angekündigt, bis zu 6.000 „weiße Flecken“ im Land beseitigen zu wollen. Als weiße Flecken oder Funklöcher werden Gebiete bezeichnet, in denen es keinen Mobilfunkempfang gibt. Außerdem wurde das Telekommunikationsgesetz (TKG) überarbeitet, damit die Bundesnetzagentur Telekommunikationsunternehmen dazu verpflichten kann, in allen Regionen Deutschlands eine bessere Mobilfunkversorgung bereitzustellen. Im TKG wurde auch das Ziel der Bundesregierung festgeschrieben, in ländlichen und abgelegenen Gebieten für ein schnelles, zuverlässiges Mobilfunknetz zu sorgen.

Die COVID-19-Pandemie hat dazu geführt, dass im ganzen Land verstärkt mobil und im Homeoffice gearbeitet wird und Fernunterricht sowie Telemedizin genutzt werden. Rund 23 % der deutschen Bevölkerung leben in ländlichen Gebieten. Daher ist die Nachfrage nach schnellen, zuverlässigen Verbindungen außerhalb der Orte, in denen die Mobilfunkabdeckung schon immer gut war, äußerst hoch.

Die Industrie und die vor allem in ländlichen Gebieten angesiedelten landwirtschaftlichen Betriebe argumentieren, dass die mangelnde Mobilfunkversorgung das Unternehmenswachstum behindert.

 

Nicht nur Netflix: Auch in ländlichen Gebieten ist Digitalisierung erforderlich

Die deutsche Politik sucht nach langfristigen Lösungen, um „Funklöcher“ zu schließen und im ländlichen Raum für schnellere und zuverlässigere Mobilfunknetze zu sorgen. Die Industrie prescht mit innovativen Partnerschaften voran, die sofortige Abhilfe schaffen und den Weg für eine langfristige Strategie ebnen.

Die Bundesregierung investiert rund 1,1 Milliarden Euro in den Netzausbau an 4.400 Standorten ohne Netzabdeckung. In der Mobilfunkstrategie von 2019 wurden zudem weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilfunkversorgung in „weißenFlecken“ und „grauen Flecken“ sowie beim 5G-Ausbau angekündigt.

Dies sind lobenswerte und dringend benötigte Maßnahmen. Für einen Landwirt mit großem Betrieb, einen im Homeoffice arbeitenden IT-Experten oder einen Bürger, der sich in den langen, dunklen Wintermonaten des Lockdowns mit Netflix die Zeit vertreiben möchte, kann selbst die beste Strategie der Bundes- oder Landesregierungen den unmittelbaren Bedarf nicht schnell genug erfüllen.

Die in den ländlichen Gebieten Deutschlands lebenden Menschen brauchen ein gutes Mobilfunknetz – und zwar heute.

 

Innovationspartnerschaften: Mobilfunknetzbetreiber und Satellitenanbindung

Genau darauf fokussieren sich Mobilfunknetzbetreiber zurzeit. Sie schließen sich mit Partnern aus verschiedenen Branchen zusammen, um mit einem Technologie-Mix eine gute Mobilfunkabdeckung im ländlichen Raum zu erreichen. Ein großer Mobilfunknetzbetreiber verwendet in Deutschland z. B. den Cell-Backhaul-Managed-Service von Intelsat, um 4G-LTE-Breitband schnell und kosteneffizient in einige seiner ländlichsten Versorgungsgebiete zu bringen.

Satellitenbetreiber wie Intelsat haben sich auf die Entwicklung einer Lösung konzentriert, mit der Mobilfunknetzbetreiber jeder Größe die 4G- oder 5G-Breitbandabdeckung erweitern oder die Resilienz ihrer bestehenden Netze erhöhen können. Die Lösung soll die Nachfrage decken und Konnektivität in Gebiete bringen, die bisher als unerreichbar oder unrentabel galten.

 

Günstigeres 5G im ländlichen Raum per Satellit

5G verspricht eine bahnbrechende Technologie zu werden, die das Potenzial von Technologien wie KI und IoT erschließt, alles miteinander verbindet und spannende Entwicklungen für Verbraucher und Branchen wie die Automobilindustrie, Logistik und Landwirtschaft mit sich bringt. Doch der Ausbau des 5G-Netzes ist vor allem in ländlichen Gebieten mit zahlreichen Herausforderungen verbunden.

Mobilfunknetzbetreibern zufolge ist der mit dem Ausbau und der Wartung von terrestrischen Backhaul-Lösungen wie Glasfaser über große Entfernungen hinweg verbundene Kostenaufwand eines der größten Probleme, da er zu einer niedrigen Anlagenrendite führt. Auf schwierigem Gelände, wie Bergen, Tälern oder stark bewaldeten Gebieten, sind die Kosten noch höher.

Wenn die monatelangen Verzögerungen berücksichtigt werden, die bei der Installation von terrestrischen Netzen in ländlichen oder abgelegenen Gegenden an der Tagesordnung sind, ist die Wirtschaftlichkeit noch fraglicher. Fortschrittliche weltraumgestützte Technologien verfügen über Möglichkeiten, die landgestützte Lösungen nicht bieten und die für die Ausschöpfung des vollen Potenzials von 5G entscheidend sind. Aus diesem Grund ist 5G mehr als alle vorherigen Mobilfunk-Generationen auf eine Vielzahl von Technologien angewiesen, darunter auch auf Satelliten. Insbesondere der Satelliten-Backhaul ist oft die einzige praktische und kosteneffiziente Möglichkeit, lebensverändernde Konnektivität in ländlichen oder schwer zugänglichen Gebieten bereitzustellen.

Ein neuer europäischer Trend

Satellitenunternehmen und Mobilfunknetzbetreiber arbeiten weltweit bei der Bereitstellung ihrer 2G-/3G-/4G-Netze in Gebieten zusammen, in denen die Versorgung sehr schwierig oder teuer ist. Die Cell-Backhaul-Lösung ist in Japan schon verfügbar, wo über 3.000 3G-/4G-Mobilfunkmasten in schwer zugänglichen Gebieten über High-Throughput-Satelliten (HTS) von Intelsat ans Netz angebunden sind. Dieser Dienst ist seit 2019 erfolgreich in Betrieb und dient als Vorbild für eine Implementierung in Europa.

Satellitenunternehmen sind bereits mit mehreren Mobilfunknetzbetreibern im Gespräch, um mit ersten Tests vor der kommerziellen Einführung zu beginnen und die Reichweite dieser Initiative zu vergrößern.

 

Landesbehörden müssen Veränderungen vorantreiben

Um den Erfolg dieser Initiative zu wiederholen und die Einführung in Deutschland zu beschleunigen, ist Unterstützung durch die Politik erforderlich. Deutschland hat einen ehrgeizigen Plan für den Ausbau seiner digitalen Infrastruktur. Die Politiker wissen, dass immer mehr Menschen aufs Land ziehen, und kennen die mit dem Leben und Arbeiten in „Funklöchern“ verbundenen Probleme. Insbesondere auf Länderebene müssen politische Entscheidungsträger erkennen, dass andere Zugangstechnologien, darunter auch die Satellitenkommunikation, erforderlich sind, um die Ziele ihrer Vernetzungspolitik zu erreichen.

Die Regulierungsbehörden der Bundesländer kennen das Problem der „Funklöcher“ in ihren Gebieten und sind an kosteneffizienten Lösungsmöglichkeiten interessiert. Dabei kann Cell-Backhaul durchaus die Technologielösung sein, auf die sie gewartet haben. Es muss sich noch zeigen, wie schnell sie implementiert werden kann, und welche Bundesländer sich zuerst für eine 100-prozentige Netzabdeckung einsetzen – für ihr Bundesland und schließlich für ganz Deutschland.

Da die COVID-19-Pandemie die digitale Transformation beschleunigt und die Abwanderung aus den Städten in ländliche Regionen vorantreibt, ist eine effiziente und zuverlässige Netzversorgung dringend erforderlich. Um die mangelnde Mobilfunkversorgung in ländlichen und abgelegenen Gebieten in Angriff zu nehmen, bedarf es sowohl der Anstrengungen der deutschen Regulierungsbehörden als auch einer adäquaten Technologie.

Von Rhys Morgan, Regional VP, Intelsat