Emotet, die Allzweckwaffe der Cyberkriminellen

Emotet wird derzeit über gefälschte Amazon-Versandbestätigungen verteilt. In deutschen Unternehmen und Privathaushalten hat die Malware bereits für Millionenschäden gesorgt. Der deutsche Security-Experte G DATA erklärt, was Emotet kann und warum es so gefährlich ist.

Emotet ist eine der langlebigsten und professionellsten Cybercrime-Kampagnen der vergangenen Jahre. Erstmals im Jahr 2014 als Bankingtrojaner entdeckt hat die Malware sich über die Jahre zu einer umfassenden Lösung für das Cybercrime entwickelt. Die Schadsoftware nimmt dabei in der Regel nur die Funktion des Türöffners ein, der dann weiteren Schadcode auf dem Rechner installiert. Aktuell wird Emotet über sehr gut gefälschte Amazon-E-Mails verteilt, die Nutzer zum Herunterladen eines Word-Dokuments nötigen wollen. Nach einem Klick auf den angeblichen Tracking-Link öffnet sich das Word-Dokument, das Nutzer auffordert, aktive Inhalte zuzulassen und dann die Infektion des PCs veranlasst.

„Emotet wird seit Jahren sehr professionell und kontinuierlich weiterentwickelt,“ sagt Anton Wendel, Security Engineer bei G DATA Advanced Analytics. „An einzelnen Tagen haben wir bis zu 200 Varianten von Emotet entdeckt, die jeweils mit neuen Packern vor der Erkennung durch Antivirenlösungen versteckt werden sollen.“ Selbst an ruhigen Tagen zeigt eine Analyse von Wendel mindestens 25 neue Versionen der Schadsoftware. Um solche Bedrohungen schnell erkennen zu können hat G DATA die KI-Technologie DeepRay entwickelt.

Die Malware wird meist durch infizierte E-Mail-Anhänge im Word-Format auf die Rechner der Opfer gebracht. Mit immer neuen Botschaften versuchen die Kriminellen dabei, Opfer zum Aktivieren der aktiven Inhalte – in der Regel Makros – zu bringen. Der Infektionsweg setzt also immer auf die Nutzer – denn über Exploit-Kits oder den Browser wird Emotet nicht verteilt. Die Kriminellen lassen sich dabei immer neue Gründe einfallen, warum Anwender den Knopf „Aktive Inhalte aktivieren“ anklicken sollen. So behaupten sie etwa, dass ein Dokument „Mit einer Online-Version von Office“ erstellt worden sei oder weisen auf angebliche Kompatibilitätsprobleme hin.

„Unternehmen könnten sich eigentlich sehr einfach gegen die Infektion mit Emotet schützen“, sagt Wendel. „Die Ausführung von Makros kann per Gruppenrichtlinie komplett deaktiviert werden.“ Sollten Makros für den Geschäftsbetrieb unbedingt notwendig sein, so bietet es sich für Unternehmen an, die eigenen Makros zu signieren und nur deren Ausführung zuzulassen. Für Privatanwender gibt es in der Regel gar keinen Bedarf an Makros, sie sollten auf die Aktivierung also grundsätzlich verzichten.

 

Was kann Emotet?

Emotet bringt ab Haus sehr umfangreiche Spionagefunktionen mit. Grundsätzlich werden zum Beispiel Informationen über alle auf dem Computer laufenden Prozesse an die Kriminellen übertragen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Verwendung des PCs ziehen – etwa, wenn darauf Buchhaltungssoftware läuft. Bei den nachfolgend erläuterten Modulen ist zu beachten, dass nicht auf jedem infizierten Rechner alle der genannten Funktionen ausgeführt werden. Welche Module nachgeladen werden, entscheidet jeweils der Command-and-Control-Server.

Durch die Nutzung der Open-Source-Software von Nirsoft in Emotet können zum Beispiel zahlreiche auf dem Computer gespeicherte Passwörter gesammelt und übertragen werden. Dazu zählt insbesondere das in Outlook oder Thunderbird gespeicherte E-Mail-Passwort und die im Browser gespeicherten Passwörter. Die Verwendung eines Passwortmanagers bietet hier eine bessere Sicherheit, dort können die Passwörter nicht so einfach ausspioniert werden.

Ein weiteres Modul von Emotet wird zur Versendung von Spam genutzt. Die Macher der Schadsoftware verteilen dabei keine klassischen Spamnachrichten für Medikamente oder Potenzmittel, sondern nutzen die Ressourcen der Opfer, um ihre eigenen Kampagnen fortzuführen. Da sie Kenntnis der Adressbücher haben und auch versuchen, Beziehungsnetzwerke nachzubilden können die Spam-Mails an die Opfer angepasst werden und wirken so deutlich glaubwürdiger. Zum Versenden von Spam nutzt Emotet-MAPI (Messaging-Application-Programming-Interface), daher funktioniert der Spam-Versand nur bei installiertem und konfiguriertem Outlook, nicht aber mit Thunderbird.

Diese Funktionen wird als Modul nachgeladen und ohne Abspeichern einer Datei im gleichen Prozess ausgeführt wie Emotet selbst – um die Erkennung zu erschweren. Emotet verwendet also bei den verschiedenen Modulen das Prinzip der dateilosen Malware. Nach getaner Arbeit wird der Code wieder aus dem Speicher entfernt.
Emotet hat eine Wurm-Komponente

Emotet verfügt auch über eine Wurm-Komponenten. Damit kann die Schadsoftware sich etwa in einem Firmennetzwerk auf weiteren Rechnern einnisten, ohne dass weitere Nutzer einen Anhang anklicken und aktivieren müssen. Dazu verwendet die Software das SMB-Protokoll von Microsoft (Server-Message-Block). Dieses Protokoll wurde auch von WannaCry genutzt, um weltweit hunderttausende Systeme zu infizieren.

Die Schadsoftware liest für die Verbreitung die Anmeldetoken aus dem lokalen Windows-Speicher aus und versucht, sich damit an anderen Rechnern anzumelden. Wenn der Nutzer mit erhöhten Privilegien wie etwa Adminrechten ausgestattet ist, ist der Angriff besonders wirkungsvoll. Außerdem versucht Emotet einen Brute-Force-Angriff mit einer hinterlegten Passwortliste.

Um die eigenen Aktivitäten besser zu tarnen kann Emotet außerdem einen Proxy-Server auf infizierten Systemen aufsetzen. Damit kann die eigene Command-and-Control-Infrastruktur besser versteckt werden. Außerdem können möglicherweise vorhandene Sperren des IP-Bereiches der eigenen Infrastruktur so umgangen werden.

Binarys statt Prozesse

Neben den erwähnten Modulen kann Emotet auch klassische Schaddateien nachladen. Dabei nutzen die Kriminellen in der Regel bekannte Bankentrojaner wie Zeus Panda, Corebot, Trickbot oder Gozi. In letzter Zeit gibt es allerdings vermehrt Berichte, nach denen Emotet auch Ransomware wie Ryuk nachlädt und diese nach tiefgehender Analyse eines Unternehmens aktiviert. Dabei wird unter anderem auch ausspioniert, ob sich ein Angriff lohnt und wie hoch die geforderte Erpressersumme angesetzt werden kann.

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