Denken Sie immer noch über den Kauf eines neuen Autos nach?

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Ein Model S von Tesla verfügt nur noch über 18 bewegliche Teile. Das sind hundertmal weniger bewegliche Teile als allein ein Verbrennungsmotor benötigt. Dadurch entfällt bei einem Tesla Model S auch die klassische Instandhaltung. Dies ist auch der Grund weshalb Tesla die Garantie auf unbegrenzte Kilometer ausweiten konnte. Man kann mit so einem Auto bis zum Mond und zurück fahren und der Hersteller deckt dies immer noch mit seiner Garantie ab.

Innerhalb der kommenden Jahrzehnte wird der Verkauf von Benzin-, Dieselautos, Bussen und Lkws weltweit einbrechen. Man muss kein Philosoph sein, wenn man behauptet, dass der gesamte Fortbewegungsmarkt auf die Elektrifizierung umgestellt wird. Folglich werden auch die Ölpreise zusammenbrechen und die Erdölindustrie wird verschwinden.

Die Prognose mit dem Titel „Rethinking Transportation 2020-2030“ (https://www.rethinkx.com/executive-summary/) des Ökonomen Tony Seba von der Stanford University zeigt der Industrie, wo der Weg langgehen wird. Tony Seba geht davon aus, dass die Menschen mittelfristig damit aufhören werden ihre Fortbewegungsmittel selbst zu fahren, da man massenhaft auf selbstfahrende Elektrofahrzeuge umsteigen wird. Diese werden bis zu zehnmal preiswerter sein, als die klassischen Brennstoffautos. Die Betriebskosten für den Treibstoff werden dadurch zu einer vernachlässigbaren Position im Budget und für die neuen Fahrzeuge wird eine Lebensdauer von 1,6 Millionen Kilometern erwartet.

electric-car-2728131_1920Letztendlich werden nur noch die Nostalgiker an der alten Gewohnheit des Autobesitzes festhalten. Der Rest der Menschheit wird die Fahrzeuge nur noch nach Bedarf nutzen. Für die verbleibenden Besitzer klassischer Fortbewegungsmittel wird es zunehmend schwieriger werden, eine Tankstelle, die notwendigen Ersatzteile oder irgendjemanden zu finden, der die beweglichen Teile in einem Auto noch reparieren kann. Auch werden viele Autohändler und Autohäuser in den kommenden 15 Jahren vom Markt verschwinden.

Die Städte werden die Einfahrt von Fahrzeugen mit einem menschlichen Fahrer verbieten, sobald erkannt wird, wie gefährlich die unzurechnungsfähigen Kreaturen hinter dem Lenkrad agieren. Diese Entwicklung wird sich vom innerstädtischen Bereich über die Vororte bis in ländliche Gegenden fortsetzen. Die Masse der heute betriebenen Fahrzeuge wird daher in naher Zukunft auf dem Schrottplatz landen und die Besitzer werden viel Geld für deren fachgerechte Entsorgung entrichten müssen.

Damit beginnt eine Todesspirale für das große Ölgeschäft und die großen Autohersteller und führt zwangsläufig zu hässlichen Implikationen für solche Unternehmen, die sich nicht rechtzeitig anpassen können.

Der langfristige Rohölpreis wird gemäß den Prognosen von Tony Seba auf 25 Dollar pro Barrel fallen. Die meisten Ölbohrungen und der Abbau von Ölschiefer werden dadurch nicht mehr rentabel. England wird seine Nordsee-Goldgrube vor den Küsten Schottlands verlieren. Russland, Saudi-Arabien, Nigeria und Venezuela werden ebenfalls finanziell in Schieflagen geraten.

Diese Entwicklungen bedeuten auch existenzielle Bedrohungen für Ford, General Motors und die gesamte deutsche Automobilindustrie. Diese stehen heute vor der Wahl, die kommenden Elektrofahrzeuge in einem Niedriglohnland fertigen zu lassen, oder sich selbst neu zu erfinden. Die alten Geschäftsmodelle werden nicht mehr funktionieren. Die nächste Generation von Autos wird man als „Computer auf Rädern“ bezeichnen. Google, Apple und Foxconn haben in diesem Bereich bereits einen fast nicht mehr aufholbaren Vorsprung. Aus diesem Grund wird bereits heute im Silicon Valley die Zukunft der Verkehrsmittel geplant und entwickelt und nicht in Detroit, Wolfsburg oder Toyota City.

Die Marktveränderungen werden der Technologie und nicht von der Klimapolitik bestimmt. Die Märkte werden dabei mit einer Geschwindigkeit und einer Grausamkeit agieren, wie dies Regierungen niemals könnten.

Wir befinden uns derzeit noch am Anfang der schnellsten und konsequentesten Veränderungen der Verkehrssysteme in der Geschichte der Menschheit. Die klassischen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die wir jetzt noch nutzen, werden in Kürze nur noch steigende Kosten verursachen.

Der erste Meilenstein wird in den kommenden Jahren erreicht werden, wenn die Batterieladungen den Elektrofahrzeugen Reichweiten von 500 Kilometern garantieren und die Preise für Elektroautos ständig sinken. Für das Jahr 2022 werden bereits Kleinwagen im Elektrosegment erwartet, die für unter 20.000 Dollar verkauft werden. Danach wird die Lawine nicht mehr aufzuhalten sein.

Aufgrund der Kostenentwicklung werden bis zum Jahr 2030 weltweit alle neuen Busse, alle neuen Autos, alle neuen Traktoren, alle neuen Transporter auf den elektrischen Plattform realisiert.

Die weltweite Nachfrage nach Öl wird bis in das Jahr 2020 auf 100 Millionen Barrel pro Tag ansteigen. Im nachfolgenden Jahrzehnt wird die Nachfrage jedoch auf 70 Millionen Barrel pro Tag abfallen. Der Restbestand an Fahrzeugen, die fossile Brennstoffe benötigen, wird sicher nur recht langsam abgebaut und es wird viel Zeit vergehen bis diese aus dem Alltag verschwunden sind. Die Experten erwarten jedoch, dass bis zum Jahr 2030 etwa 95 Prozent der gefahrenen Kilometer aus Kosten-, Komfort- und Effizienzgründen mit autonomen Elektrofahrzeugen zurückgelegt werden. Zu diesem Zeitpunkt wird der Ölverbrauch für den Straßentransport von 8 Millionen Barrel pro Tag auf 1 Million Barrel pro Tag abstürzen.

 

Versicherungskosten werden drastisch sinken

Die Betriebskosten pro Kilometer werden zukünftig für Elektrofahrzeuge ca. 6,8 Cent betragen. Aufgrund der drastischen Kostenreduktion werden die Benzin- und Dieselautos einfach aussterben. Auch die Versicherungskosten werden drastisch sinken. Manche Experten prognostizieren einen Rückgang der Versicherungskosten um 90 Prozent. Den Regierungen in den jeweiligen Ländern werden dadurch viele Milliarden an Steuern für die Treibstoffe entgehen. Dadurch werden große Löcher in die jeweiligen Landeshaushalte gerissen.

Bestimmte Hochkostenländer müssen aufgrund der prognostizierten Preisentwicklung ihre Ölproduktion vollständig aufgeben. Exxon-Mobil, Shell und BP können schnell 40 bis 50 Prozent ihrer Marktkapitalisierung verlieren.

Bei den von Tony Seba verbreiteten Thesen handelt es sich nicht um die Träume eines Professors aus dem Elfenbeinturm. Indien hat bereits beschlossen, dass alle Benzin- und Dieselautos bis zum Jahr 2032 verschrottet sein sollen. China ist inzwischen die führende Weltmacht im Bereich der Elektrifizierung. Das Ziel dieser Länder besteht darin, die Umweltverschmutzung drastisch zu reduzieren und die Abhängigkeit von importiertem Öl zu verringern. In China sollen bis zum Jahr 2025 bereits 7 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen bewegen und die Autohersteller müssen einen hohen Anteil an Elektrofahrzeugen in ihrem Produktmix nachweisen. .

Auch die globalen Regeln für die Nutzung von schmutzigem Öl, welches bisher im Güterverkehr eingesetzt wird, ändern sich. Zukünftig müssen die Schwefelanteile und alle anderen Schadstoffe im Öl drastisch reduziert werden, was einen Vorteil für die Verwendung von Flüssiggas in Schiffen und Zügen darstellt. Dies Entwicklung schreitet viel schneller voran als es Saudi-Arabien und Opec angenommen haben. Das World Oil Outlook der Opec bezeichnete noch im vergangenen Jahr die Elektrofahrzeuge als eine Randerscheinung, die weltweit Nachfrage nach Öl kaum beeinflusst. Die Opec prognostiziert noch immer einen Anstieg des Rohstoffverbrauchs auf 109 Millionen Barrel pro Tag bis zum Jahr 2040 und Indien zunehmend als Wachstumsmaschine (noch vor China) agiert. Laut dem Opec-Kartell werden die fossilen Brennstoffe dann noch immer 77 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. Die in Paris vereinbarten Klimaziele werden von der Opec implizit als leere Rhetorik abgetan. Trotz der starken Rhetorik der Opec agieren einige Mitgliedsländer bereits konträr. Saudi-Arabien sichert seine Zukunft bereits durch den Verkauf eines Teils des staatlichen Ölgiganten Saudi Aramco ab und finanziert mit den Verkaufsgewinnen die Diversifizierung weg vom Öl. Die Opec, Russland und die anderen ölexportierenden Staaten stehen derzeit bereits unter erheblichem Druck und werden wahrscheinlich gezwungen sein, die Produktionskapazitäten bis 2018 zu kürzen, um einen weiteren Preisrückgang zu verhindern. Das in den USA genutzte Fracking und die in Kanada aufbereiteten Ölsände werden sich bei weiter fallenden Ölpreisen bald nicht mehr rentieren.

Sicher wird ein Teil der Experten die Seba-Thesen bestreiten, aber mittlerweile braut sich am Horizont ein Sturm aus mehreren technologische Trends zusammen, der auch von den Verteidigern des alten Systems nicht mehr abzustreiten ist. Durch die Einfachheit der Elektroplattformen werden zukünftig die selbstfahrenden Fahrzeuge on Demand eine wesentlicher höhere Auslastung haben als die heutigen Autos. Die Elektroplattformen sind bereits heute viermal effizienter als alle Benzin- oder Dieselautos. Diese verlieren bis zu 80 Prozent ihrer Leistung an Wärme. Da die Elektroantriebe viel leistungsfähiger sind als Autos mit Benzin- und Dieselantrieb können die alten Konzepte nicht mehr im Wettbewerb bestehen. Man wird sicher ähnliche Parallelen wie bei den Kameras vorfinden. Man erinnere sich an das Weltunternehmen Kodak, welches von seinen digitale Rivalen innerhalb kürzester Zeit von den Märkten gedrängt wurde. Der Verdrängungswettbewerb wird auch im Fahrzeugbereich schnell und brutal und die Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf die PKWs. Etwa 70 Prozent der gesamten Transportwege in den USA könnten bereits mit Akkus abgedeckt werden. Durch die Nutzung von Elektrofahrzeugen wird sich der Strombedarf in den USA um 18 Prozent erhöhen. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Stromkapazitäten dadurch erhöht werden müssen. Die meisten Fahrzeuge werden wahrscheinlich zu Zeiten niedriger Auslastung der Stromnetze geladen und wird der gespeicherte Strom nicht benötigt, kann dieser zur Abfederung von Lastspitzen wieder ins Netz abgegeben werden. Bei dieser Marktentwicklung werden auch die Abbaufirmen fossiler Brennstoffe auf der Strecke bleiben. Im vergangenen Jahr ging die weltweite Nachfrage nach Kohle nur kurz zurück und schon gingen drei der vier größten Kohleabbauunternehmen in Konkurs. Die Welt muss sich daher auf die drastischen Veränderungen bzw. die Energierevolution vorbereiten, da sonst die Weltwirtschaft schnell in eine erneute Finanzkrise schlittern kann.

Fazit

Das Knirschen im Gebälk des Energiesektors ist bereits nicht mehr zu überhören. Im Kampf um die richtigen Fortbewegungsvarianten der Zukunft wird es Verlierer geben und ganze Länder werden in die Krise gestürzt. Die derzeitige geopolitische Ordnung der Welt wird möglicherweise fast über Nacht über den Haufen geworfen. Aber die Menschheit und die Umwelt wird enorm von diesen Entwicklungen profitieren.