Digital-First-Strategie für Bürger – Wie die digitale Transformation den öffentlichen Dienst revitalisieren kann

Seit Jahren wird in Regierungskreisen über die digitale Transformation diskutiert: Wie können Staaten administrative Prozesse automatisieren und traditionell nicht-digitale Informationen wie Gesundheitsakten, Steuerunterlagen, Grundbücher, Testamente oder Nachlassdienste online verfügbar machen? Bislang können Bürger nicht einmal ein Viertel aller Leistungen von Verwaltungen online nutzen – und dass, obwohl das bereits 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz vorsah, bis 2022 sämtliche der 575 Leistungen für Bürger online verfügbar zu machen. Gemessen am aktuellen Umsetzungstand liegt Deutschland damit im EU-Vergleich auf Rang 18 der 27 Mitgliedsländer.

Dabei bietet die Digitalisierung von Dokumenten und Prozessen große Chancen für die öffentliche Verwaltung. So könnte die Arbeit der Mitarbeiter einfacher, schneller und effizienter gestaltet werden und Bürger könnten einen leichteren Zugang zu wichtigen Regierungsdiensten erhalten. Auch ermöglicht die Digitalisierung von Dokumenten und Prozessen nicht nur die Optimierung der verfügbaren Ressourcen, sondern auch eine flexible und agile Verwaltung von Informationen. Behörden, wie beispielsweise Standesämter, sind mit großen Mengen von Dokumentenanfragen in vielfältigen Formaten konfrontiert und müssen innerhalb enger Zeitrahmen reagieren. Sie müssen zudem mit fragmentierten Archiven, bestehend aus sowohl Papier- als auch digitalen Dokumenten, arbeiten. Dies gestaltet den Serviceprozess zusätzlich komplex. Mit der Einführung einer Digitalstrategie könnten Beamte Anfragen schneller identifizieren, nachverfolgen und mit entsprechenden Dokumenten beantworten. Gleichzeitig sind digitale Daten deutlich besser gegen Schäden als physische Medien geschützt.

 

Der Kern der digitalen Transformation von Verwaltungen

Wenn die Digitalisierung Ressourcen optimieren und Zeitpläne sowie Dienstleistungen verbessern kann, warum hat der öffentliche Sektor immer noch mit einem Flickenteppich aus traditionellen und digitalen Archiven zu kämpfen? Eine digitale Transformation erfordert, die Digitalisierung von sensiblen und vertraulichen Dokumentsammlungen anzugehen, die in verschiedenen Formaten existieren und langfristig aufbewahrt werden müssen.

Dafür müssen Technologieanbieter die Herausforderungen des öffentlichen Sektors verstehen und mit ihm zusammenarbeiten: Workflow-Probleme und regulatorische Anforderungen müssen erkannt werden, damit Lösungen passgenau auf die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors abgestimmt werden können. Datenschutzgesetze wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) legen strenge Anforderungen und Prozesse zur Wahrung der Vertraulichkeit von Dokumenten und personenbezogenen Daten fest. Diese Vorschriften müssen während des gesamten Digitalisierungsprozesses berücksichtigt werden.

Öffentlichen Verwaltungen stehen vor denselben Herausforderungen wie auch viele Branchen: Sie müssen eine Mischung aus traditionellen, physischen und digitalen Archiven digitalisieren. Um den Digitalisierungsworkflow und eine geeignete Plattform für die Dokumentenverwaltung zu bestimmen, ist es daher entscheidend, zu analysieren, wie diese Archive organisiert und verwaltet werden bzw. verwaltet werden müssen. Außerdem ist zu berücksichtigen, wie häufig entsprechende Dokumente benötigt werden. In einigen Fällen ist es notwendig, neue Software zu entwickeln, die mit bereits bestehenden Systemen ergänzend zusammenarbeitet. Verwaltungen müssen zusätzlich festlegen, wie sie digitalisieren möchten: Abhängig von Bedürfnissen und Anforderungen sind die Auslagerung von Dienstleistungen, die vollständige Transformation von Systemen und Prozessen oder die gestaffelte Digitalisierung von Aufzeichnungen umsetzbare Optionen.

 

Schritt für Schritt: Digitalisierung im öffentlichen Sektor in Aktion

Um Dokumente sicher und gesetzeskonform zu digitalisieren, müssen sie zunächst nach Typ, Sicherheitsstufe und Vertraulichkeitsgrad sowie nach Häufigkeit der Nutzung und Aufbewahrungszeiten klassifiziert werden. Auf diesem essenziellen ersten Schritt basiert der gesamte folgende Digitalisierungsworkflow. Dabei muss ebenfalls ein Reinigungsprozess durchgeführt werden: Dokumente, die nicht mehr gültig sind oder die nach einer bestimmten Zeit gesetzlich vernichtet werden müssen, sollten identifiziert und vernichtet bzw. aus digitalen Systemen entfernt werden. Dieser Schritt ermöglicht es außerdem, Speicherplatz zu optimieren und Kosten für Digitalisierungsprojekte zu reduzieren.

Im Anschluss kann mit der eigentlichen Digitalisierung begonnen werden: Bei physischen Dokumenten umfasst dies klassischerweise das Scannen. Auch bereits bestehende digitale Dokumente müssen durchsuchbar gemacht werden, damit Daten später schneller gefunden werden können: Mittels künstlicher Intelligenz und Machine-Learning werden die Daten identifiziert und extrahiert, die in eine Datenbank übertragen werden sollen. Dieser Teil des Digitalisierungsprozesses kann von Regierungsbehörden entweder in eigenen Räumlichkeiten oder extern an einem sicheren Standort des Drittanbieters durchgeführt werden. Einige Drittanbieter bieten auch das Scanning vor Ort beim Kunden an. In Anbetracht der Art der Dokumente, die Regierungen und öffentliche Stellen aufbewahren, bevorzugen viele Institutionen diesen Ansatz.

Als nächstes werden digitalisierte Dokumente in einem geeigneten System gespeichert. Dieser Schritt sollte an die Bedürfnisse der Organisation angepasst sein und entsprechend entweder auf der eigenen Plattform oder auf der Plattform eines Drittanbieters durchgeführt werden. Ein für die Informationsverwaltung oder -archivierung geeignetes System muss es Beamten auch ermöglichen, automatisiert Regeln des Datenschutzes für die Aufbewahrung von Dokumenten anzuwenden.

Die abschließende Phase, die Automatisierung, umfasst die Erstellung automatischer Arbeitsabläufe. Dadurch wird eine maximale Prozesseffizienz auch zwischen verschiedenen Datensätzen gewährleistet. Dies ermöglicht es den Mitarbeitern, schneller und einfacher auf Informationen zuzugreifen und die Reaktionszeiten sowie die Flexibilität im Kundenservice zu verbessern.

 

Vorteile für Bürger durch die Digitalisierung von Verwaltungen

Das Ziel der digitalen Transformation im öffentlichen Sektor ist, die Hindernisse zu beseitigen, die den einfachen Zugang zu Regierungsdiensten einschränken. Durch die Digitalisierung bestehender Dokumente der Gesundheitsbehörden, Finanzämter oder Sozialversicherungsbehörden können Regierungen die Sicherheit und Vertraulichkeit der Unterlagen gewährleisten und öffentliche Bedienstete befähigen, ihre Dienstleistungen zu optimieren.

Um die Akzeptanz einer digitalisierten Behörde unter den Mitarbeitern zu fördern, müssen die Vorteile einer Einführung neuer Technologien klar kommuniziert und diese so einfach und zielorientiert wie möglich gestaltet werden. Mitarbeiter sollten die positive Auswirkung einer digitalen Transformation selbst erkennen: Neue Systeme beschleunigen und optimieren eigene Arbeits- und Prozessabläufe, während gleichzeitig die Qualität der Arbeit unverändert bleibt.

Es ist die Aufgabe von Technologieanbietern und der Regierung die Verwaltung in enger Zusammenarbeit weiter zu digitalisieren. So können Prozesse der Behörden einfacher und effizienter gestaltet und gleichzeitig den Bürgern der Zugang zu wichtigen Regierungsdiensten erleichtert werden.

 

Von Ralf Reich, Commercial Vice President Northern Europe bei Iron Mountain Deutschland .

Ralf Reich, Commercial Vice President Northern Europe bei Iron Mountain Deutschland

Ralf Reich verantwortet als Commercial Vice President Nordics das Geschäft von Iron Mountain im DACH Raum, den Nordics und Polen. Er hat über 30 Jahre Erfahrung in der IT-Branche. Seine Karriere begann er bei IBM und Hewlett-Packard in den Bereichen IT-Services und strategisches Outsourcing. Später wechselte er zu Wipro und Softserve.

#IronMountain