Wie sollte ein Netz-Design für sich ändernde Kommunikationsanforderungen aussehen?

Die Innovationen der Industrie und die Bedarfe der Unternehmen haben inzwischen die IT-Landschaft stark verändert. Spätestens durch COVID-19 und der Abkündigung von ISDN  hat diese Entwicklung einen noch weiteren Schub erhalten und der Umbau der Netze schreitet noch schneller voran. Die Benutzer passen sich schnell und meist vollständig an diese neue Realität an und setzen damit faktisch neue Standards für Netzwerk- und Kommunikationsanforderungen.

Unternehmen jeder Art und Größe müssen daher ihre vorhandene IT-Technologie und -Infrastruktur nutzen, um die durch VoIP und SIP gestellten zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen und SIP mit anderen Unternehmensanwendungen zu verbinden. Die traditionelle Telekommunikation ist nur ein Aspekt der Mensch-zu-Mensch-Benutzer-Technologie, die Teil der Gesamtlandschaft von Unified-Communications as a Service (UCaaS) darstellt.

Durch die Integration neuer Techniken wie VoIP und Video in die Unternehmensnetzwerke sind die Nutzer viel anspruchsvoller geworden und die Unternehmen erkennen den Nutzen und die Möglichkeiten dieser Technologien. Hierdurch wurden die Unternehmensnetze für Technologien wie Software-Defined–Wide-Area-Network (SD-WAN), Secure-Access-Service-Edge (SASE) und Zero-Trust (ZT) geöffnet und es entstehen neue Möglichkeiten zur Verteilung der Informationen im Unternehmen und neue Wege zur Bereitstellung informationsbasierter Anwendungen.

Diese Innovationen erfordern, dass sich die Unternehmen mehr auf die von den Carriern bzw. Providern angebotenen Dienste aus der Cloud stützten. Die Unternehmen müssen bei sich auf die Fähigkeiten der Carrier/Provider verlassen, um die gestellten Anforderungen zu erfüllen. Letztendlich bestimmt die dadurch entstehende Abhängigkeit von den Netzbetreibern die Innovationsgeschwindigkeit, wenn die Dienste nicht in der von den Unternehmen gewünschten Weise erweitert werden können.

Aus diesem Grund benötigen die Unternehmen heute einen Zugriff auf ein Ökosystem, mit dem die Verwaltung und Kontrolle der Daten und die Kommunikation selbst in die Hand genommen und gestaltet werden kann.

 

Erweiterte Anforderungen an Unternehmensnetze

Unternehmensnetzwerke erfordern eine Umgebung und ein Design, das speziell auf deren individuelle Anforderungen zugeschnitten ist, Natürlich entsteht durch die Zusammenarbeit mit Carriern und Providern verschiedene Schnittstellen zur Steuerung des Netzwerks und der darüber übermittelnden Verkehre. Die unterschiedlichen Schnittstellen erschweren den Betrieb und können zu Fehlern bei der Bereitstellung führen. Außerdem erhalten die Administratoren so keinen Gesamtüberblick über ihr Netzwerk. Nur eine gemeinsame Schnittstelle für den Netzwerkverkehr ermöglicht es, die Trends und mögliche Probleme zu erkennen, bevor diese sich auf den Betrieb auswirken. Diese Netzwerkübersicht ist somit die gemeinsame Befehlsschnittstelle.

Darüber hinaus sollte auch die Notwendigkeit berücksichtigt werden, dass moderne Netze mit einer entsprechenden Ausfallsicherheit ausgerüstet sein sollten. Ein robustes Netzwerk, das Ausfälle von Sprach- und Datenübertragungen verhindert, ist für das Unternehmen von entscheidender Bedeutung, vor allem, wenn ein Callcenter ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmens ist. Um eine für den Betrieb notwendige Verfügbarkeit von 99,999 Prozent zu erreichen, sind Diversität bei der Leitweglenkung und alternative Pfade erforderlich, wobei Techniken wie BGP-Routing und Routing-Advertising im Falle eines Verbindungsausfalls eingesetzt werden.

Besonders im VoIP-Bereich spielen geografisch verteilte SBC-Plattformen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass Anrufe auch bei Ausfällen weitergeleitet werden können und diese Ausfälle für ihre Benutzer und Kunden transparent bleiben.

Auf keinen Fall sollte man sich auf einen einzigen Provider für den Datentransport bzw. nur einen Anbieter für die Netzwerkkomponenten verlassen. Das gesamte Netzwerkdesign sollte unter dem Aspekt der Vielfalt der Anbieter geplant werden. Es sollte nur ein Design ausgewählt werden, welches auf der mittleren und oberen Ebene entsprechende Kontrollfunktionen bereitstellt. Dies kann durch die Verwendung der richtigen Produkte und Komponenten erreicht werden.

Dabei sind nicht nur Vielfalt und Kontrolle entscheidend, sondern Ihre Schlüsselkomponenten müssen die notwendigen Funktionen bieten, die bei einem herkömmlichen Provider/Carrier-Angebot normalerweise nicht verfügbar und auch nicht in einer gemeinsamen Schnittstelle zu finden sind.

Die eingesetzten SBCs müssen die Möglichkeit bieten, den Datenverkehr zwischen den internen SBC-Knoten des eigenen Unternehmens privat weiterzuleiten, ohne dass die Anrufe in das öffentliche Telefonnetz übertragen werden müssen. Dadurch erhält man nicht nur ein besseres QoS, sondern es entstehen weniger Hops im Netzwerk. Ein besonderes Augenmerk sollte bei der Produktwahl auf die Befehls- und Steuerungsschnittstelle des SBC-Knotens gelegt werden. Der SBC sollten in der Lage sein:

  • CDRs in nahezu Echtzeit zu generieren,
  • detaillierte Daten wie PCAPs für die Weiterverarbeitung (beispielsweise mit Wireshark) zu liefern,
  • die Portauslastung zu überwachen,
  • Statistiken und Verkehrsverteilungsberichte bereitzustellen,
  • die Anrufe sowie eingehende und ausgehende Verkehre im Dashboard überwachen oder
  • benutzerdefinierte Alarme kontrollieren und bei Bedarf darstellen.
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Bei der Planung von wichtigen Netzwerkkomponenten wie beispielsweise die SBCs und deren Zusammenschaltung mit dem öffentlichen Telefonnetz, müssen die geschäftlichen Anforderungen das Design bestimmen. Die alltäglichen geschäftlichen Problemstellungen, Anforderungen und typischen Anwendungsfälle des eigenen Unternehmens bestimmen letztendlich die aktuellen Anforderungen und bestimmen maßgeblich den reibungslosen Ablauf in der Zukunft. Auf keinen Fall sollte das Netzdesign durch die aktuell verfügbaren Technologieoptionen bzw. durch reduzierte Produktangebote einschränkt werden.

Von Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur