Für den Einsatz natürlicher Kältemittel in Datacentern fehlt es an Rechtssicherheit

Thomas Rabensteiner, Planung Rechenzentrum bei Prior1

Soll geringe Ausfallwahrscheinlichkeit garantiert werden, kommt kein Rechenzentrum hierzulande ohne Klimatisierung – mittels Kältetechnik auf Basis eines thermodynamischen Prozesses, welcher in der Regel mehr oder weniger klimaschädigendes Kältemittel benötigt – aus. Die dafür eingesetzten Klimageräte erzeugen zwei Arten von CO2-Emmissionen:

  • Indirekte durch den Strom, den die Kältemaschine benötigt.
  • Direkte, wenn das Kältemittel, das für die Kälteerzeugung benötigt wird, entweicht, z. B. unkontrolliert durch Leckage oder durch Wartung.

In der Vergangenheit hatten die indirekten Emissionen stets das größere Gewicht, da z. B. Strom aus Kohle eine hohe Umweltbelastung mit sich bringt. Hier hat sich in den letzten Jahren viel zum Guten geändert, da einerseits die Energieeffizienz der Anlagen verbessert wurde und andererseits immer mehr Strom aus regenerativen Quellen zur Verfügung steht. Das hat zur Folge, dass die direkten Emissionen zunehmend ins Blickfeld geraten.

Die Kältemittel, die in Klimageräten eingesetzt werden, sind in der Regel sogenannte fluorierte oder teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), die zwar für die Ozonschicht unbedenklich sind, aber ein hohes Treibhauspotenzial aufweisen. Gemessen wird das Treibhauspotential der Kältemittel mit der Kennzahl GWP (Global Warming Potential). Um eine Emissions-Verringerung zu erreichen, ist die Verwendung fluorierter Treibhausgase gesetzlich geregelt. Das Gesetz setzt auf Verbote und auf Verknappung.

Werden diese F-Gase als Kältemittel zunehmend teurer und stehen auch kontinuierlich in geringerer Menge zur Verfügung, müssen Betreiber von Klimageräten, aus Kosten- und Umweltgründen, über kurz oder lang ihre Systeme umstellen. Denn andere Kältemittel erfordern neue Systeme. Bei vielen Anlagen geht es dabei zunächst darum, Kältemittel mit einem möglichst geringen GWP einzusetzen. Zumindest auf lange Sicht allerdings sollte den natürlichen Kältemitteln der Vorzug gegeben werden bzw. im Idealfall gar kein Kältemittel zum Einsatz kommen. Denn auch natürliche Kältemittel, wie Propan, Ammoniak oder CO2, müssen hergestellt und entsorgt werden, wodurch Emissionen entstehen. Und: Natürliche Kältemittel haben einen gravierenden Nachteil: Sie sind, mit Ausnahme von CO2 (R744), welches für sich andere Nachteile birgt, brennbar und häufig auch toxisch. Betreiber können mit ihnen also zwar den GWP-Wert senken, stehen dann aber vor der Herausforderung, dass das Risiko der Anlagen steigt. Sie müssen Vorkehrungen treffen, um die Wahrscheinlichkeit für Brände und Gefahrensituationen für Menschen und Umwelt zu verringern. Hier kommen die Normen ins Spiel. Deren Anwendung ist oft von freiwilliger Natur. Denn Normen sind keine Gesetze. Zumindest bilden Normen anerkannte Regeln und bieten Rechtssicherheit in Verträgen.

Derzeit mangelt es der Gesetzgebung und der EU-weit harmonisierten einheitlichen Normierung für den Einsatz von natürlichen Kältemitteln an der nötigen Einfachheit und Klarheit. Innovative transnational agierende Hersteller, Planer und Betreiber aber brauchen handhabbare, praxisorientierte Regeln, die klar vorgeben, wie mit den Risiken dieser Kältemittel umzugehen ist. Ein Vergleich: Privatpersonen dürfen ihren Herd mit Propangas betreiben, ohne dass es hierzu allzu komplexe oder unerfüllbare Vorgaben gibt. Hingegen ist der Betrieb von Klimaanlagen mit natürlichen Kältemitteln durch eine Fülle von komplexen Vorgaben geregelt, die die Realisierung kompliziert und teuer machen. Die Situation wirkt wie ein Hemmschuh für die Nutzung von natürlichen Kältemitteln und bedarf daher einer raschen Überarbeitung. Anlagenbauer und Betreiber werden sich nur dann auf alternative Kältemittel einlassen, wenn Rechtssicherheit für ihren Einsatz und die für sie notwendigen Sicherheitsvorkehrungen herrscht und diese Vorgaben auch in der Praxis zu stemmbaren Kosten umsetzbar sind. Der Gesetzgeber ist am Zug.

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