Digitale Handelswege brauchen eine eigene, souveräne, digitale Infrastruktur

Harald A. Summa, CEO bei DE-CIX

Dank seiner dezentralen Struktur ist das Internet für Ausfälle gut gewappnet – vor Abhängigkeiten schützt das jedoch nicht. Unternehmen und Branchen, die auf verlässliche digitale Handelswege angewiesen sind, sollten daher in eine eigene und souveräne digitale Infrastruktur investieren.

Die Erwartungshaltung im Internet ist keine geringe: Alles soll immer sofort zur Verfügung stehen. Die digitale Wirtschaft hat den Anspruch, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Unabhängig von der Frage, inwiefern die sofortige Erfüllung jeglicher Wünsche sinnvoll ist: Bislang schafft das Internet das ganz gut. Auch während der Coronapandemie ist auf die digitale Infrastruktur Verlass. Offline gilt es, Kontakte zu vermeiden – online vertrauen wir auf störungsfreie Verbindungen.

Welchen Weg diese Verbindungen zur Übermittlung von Daten bereitstellen, interessiert nur wenige. Was vielleicht noch als bekannt vorausgesetzt werden kann, ist dass Datenwege flexibel sind. In einem Netz mit unzähligen Knoten führen viele Wege ans Ziel. Aber auf welchem Pfad Daten von A nach B reisen, ob sie unterwegs von Hannover nach Dallas in Frankfurt vorbeikommen oder in Amsterdam oder womöglich auch in Frankfurt und Amsterdam? Ist das nicht egal? Nein, das ist es nicht. „Das Internet“, das eine weltweite Netz, das alles mit allem verbindet und somit alles immer sofort verfügbar macht, gibt es nicht. Was es gibt, ist ein Netz der Netze. Und damit das funktioniert, braucht es eine Menge digitaler Infrastruktur. Jedes Stückchen Teilnetz hat einen Besitzer. Und wer bestimmt darin die Regeln? Wem bleibt nichts anderes übrig, als diesen Regeln zu folgen? Wer sich diese Fragen stellt, kommt schnell zu dem immer gleichen Schluss und zwar ganz unabhängig davon, ob die ständige Verfügbarkeit von allem immer sofort sinnvoll ist oder nicht: Wer im Internet verlässlich Daten austauschen und somit seine eigene wirtschaftliche Souveränität erhalten will, kommt um den eigenen Betrieb entsprechender digitaler Infrastruktur nicht herum.

Das ist in der digitalen Welt nicht anders als in der analogen. Wer sich selbst nicht um seine Handelswege kümmert, muss damit rechnen, von anderen abhängig zu sein. Da kann es auch mal passieren, dass ein Container im Suez-Kanal stecken bleibt. Aus diesem Grund sind Investitionen in digitale Infrastrukturprojekte wie GAIA-X enorm wichtig. Mit dem pan-europäischen Projekt für eine souveräne digitale Dateninfrastruktur nehmen die beteiligten Parteien die Entscheidung über ihre digitalen Handelswege selbst in die Hand. Die anstehende Aufgabe ist es, die Vision GAIA-X in ein Netzwerk zu übersetzen, in dem die unterschiedlichsten Akteure sicher und unkompliziert ihre immer größer werdenden Datenmengen mit beliebig vielen Partnern ihrer Wahl auf sicherem Weg teilen können. Wenn sie das Potenzial klug nutzen, werden sie weit mehr erreichen, als nur einen neuen digitalen Marktplatz mit verlässlichen Standards zu schaffen: Sie können aus dem öffentlichen Internet mit all seinen Fehlern heraus ein Teilnetz erschaffen, das sich durch Offenheit, Transparenz und Sicherheit auszeichnet – und somit auch Unternehmen, die zwei oder drei Nummern unterhalb der Weltmarktführerschaft rangieren eine souveräne Basis für digitales Wirtschaften bieten.

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