Welchen Sinn ergibt Riverbeds Akquisition von Xirrus?

riverbed-xirrus-akquise-v2Riverbed kauft sich mit der Akquisition von Xirrus einen wichtigen Baustein zur Umwandlung des eigenen Unternehmens.

Vor einem Jahrzehnt gehörte Riverbed zu einem der phänomenal schnell wachsenden Unternehmen des Sillicon Valleys und hat sich im Bereich der WAN-Optimierung einen Namen gemacht. Damals liefen viele Anwendungen mehr schlecht als recht über die WANs der Unternehmen. Erst die Riverbed Steelhead Lösungen verbesserten die Performance. Zwar war Riverbed nicht der erste Anbieter im Bereich der WAN-Optimierung, aber es war sicherlich eines der lautesten und aggressivsten Unternehmen in diesem Bereich.

Aber wie sang schon Bob Dylan: „Die Zeiten, sie ändern sich“ (the times, they are a changing). Auch die tollsten Techniken veralten bzw. verändern sich. Der Markt der WAN-Optimierung wurde kleiner und auch das Wachstum von Riverbed verlangsamte sich. Im Jahr 2014 wurde das Unternehmen privatisiert und kaufte sich damit Zeit, um herauszufinden, welchen Weg das Unternehmen zukünftig einschlagen soll.

Der erste Schritt zur Transformation des Unternehmens bestand im Erwerb des SD-WAN-Anbieters Ocedo (Januar 2016). Der nächste Schritt wurde Anfang dieses Jahres vollzogen. Mit der Ankündigung von Riverbed-Steelconnect wurde die Technologie von Ocedo mit Steelhead und der Riverbed-Network-Management-Software (Steelcentral) verheiratet. Als Ergebnis entstand ein Produkt, das es Unternehmen ermöglicht, nicht nur das WAN auf Breitband zu trimmen, sondern auch den Transport mit den Technologien von Riverbed zu optimieren.

Vergangene Woche fügte Riverbed mit dem Erwerb von Xirrus ein weiteres Stück dem Transformationspuzzle hinzu. Xirrus war eines der wenigen verbliebenen reinen WLAN-Unternehmen im Markt. Auf den ersten Blick mag der Zukauf etwas seltsam aussehen. Riverbed hat sein ganzes Unternehmensleben am WAN-Rand gelebt und mit Xirrus kauft es sich eine Technologie, die fester Bestandteil der Firmen-LANs ist. Aber der Zukauf ist weniger unvernünftig als es auf den ersten Blick erscheint. Hierzu muss man sich nur die Definition von Riverbeds „SD-WAN“-Philosophie ansehen.

Warum WLAN und SD-WAN verknüpfen?

Fast alle SD-WAN-Anbieter konzentrieren sich momentan auf die Weiterentwicklung des WAN auf Basis der hochpreisigen MPLS-Links. Diese sollen irgendwie zu einem Breitband-Transportmedium verändert werden oder in einer Art Hybrid-Konfiguration betrieben werden, bei der Breitband und MPLS genutzt werden. Die These von Riverbed besagt, dass hierfür die Infrastruktur der Niederlassungen zusammen mit dem Netzwerk neu zu gestalten ist. Die Migration zu einem SD-WAN löst gleichzeitig auch einige der Probleme für Netzwerkmanager beim Umgang mit Filialen (Niederlassungen), jedoch stellt die Verwaltung der lokalen LANs, der WLANs und einer Vielzahl von Servern die Netzbetreiber vor ähnliche große Probleme wie früher die WANs.

Die Steelconnect-Produkte von Riverbed ermöglichen dem Kunden die Funktionenen der Niederlassungen auf eine einzige Plattform zu konsolidieren und diese zentral zu verwalten. Das Produkt ermöglicht eine Erweiterung der richtlinienbasierten Orchestrierung für lokale Netzwerke … und diese beinhalten bekanntlich auch die WLAN-Ressourcen.

Vor etwa einem Jahrzehnt haben wir mit Riverbed eine Vision der drahtlosen, serverlosen Niederlassung entwickelt. Zu unserem Leidwesen konnten wir diese Vision nicht realisieren, denn die notwendige Technik existierte damals noch nicht. Heute ist durch eine Kombination aus Cloud, Virtualisierung und kostengünstiger Hardware ein serverloses Büro jederzeit realisierbar. Durch den Zusatz von Xirrus zu Riverbeds SD-WAN besteht nicht nur die Möglichkeit, die Niederlassung vollkommen drahtlos zu realisieren, sondern diese auch von zentraler Stelle aus zu steuern. Hier kommt der Wert eines SD-WANs voll zum tragen, der aus der Trennung der Steuerungsebene und der Datenebene besteht und damit eine Netzwerk-Agilität bereitstellt, die mit den alten Techniken nicht erreicht werden konnte. Die Erweiterung der Orchestrierung und Steuerung bis hin zum drahtlosen Zugangspunkt beweist ein weiteres Mal, dass das SD-WAN mehr als nur die Summe von Kosteneinsparungen darstellt.

Die finanziellen Details des Riverbed-Xirrus-Deals wurden zwar nicht veröffentlicht, aber ich gehe davon aus, dass Riverbed ein gutes Geschäft abgeschlossen hat. Die WLAN-Lösung von Avaya Networking basierte auf den Produkten von Xirrus, und machte (nach konservativen Schätzungen) 30 bis 40 Prozent des gesamten Xirrus-Geschäfts aus. Da zukünftig Avaya Networking voraussichtlich in Exreme Networks aufgeht, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein großer Kuchen vom Xirrus-Geschäft wegbricht. Angesichts dieser Tatsachen hat Xirrus kaum noch eine Wahl gehabt und hat daher das Angebot von Riverbed angenommen. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Man weiß nie, was in der unsteten Technologiebranche über Nacht passiert. Angesichts der Konsolidierung, die die WLAN-Branche in den vergangenen Jahren durchgemacht hat, weiß man, dass nur noch in einer größeren Organisation und damit höheren Verkaufszahlen das Heil zu suchen ist. Man würde „Russisch Roulett“ spielen, angesichts des Verlusts des größten Reseller-Partners, noch auf eine Eigenständigkeit zu beharren. Daher macht der Riverbed-Xirrus-Deal sehr viel Sinn.

Es gibt noch ein Element des Riverbed-Xirrus-Deals, der oft übersehen wird. Zusätzlich zu einer exzellenten Hardware verfügt Xirrus über eine eigene Cloud-Management-Plattform. Laut den Marktanalysten verfügt die Cloud-Software von Xirrus über viele zusätzliche Visibility-Funktionen und analytische Fähigkeiten und ergänzt die derzeitige Software von Riverbed hervorragend.

Fazit

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Mit dem Aufkauf von Xirrus durch Riverbed verbleiben im Markt nur noch wenige unabhängige WLAN-Anbieter (Aerohive, Mojo Networks und der Start-up Mist). Angesichts der Bedeutung von WLANs vermute ich, dass dies noch nicht das Ende des Ausverkaufs der WLAN-Unternehmen darstellt. Riverbed hat sich ein wichtiges Stück vom WLAN-Kuchen gesichert und ist damit auch gleichzeitig ein gutes Stück in Richtung eigener Umwandlung marschiert.