Sprachprobleme?

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Wo liegen die Ursachen von Kommunikationsproblemen? Nutzen wir unsere UC-Systeme um festzustellen, ob und wo Sprach- und/oder Videoprobleme auftreten. Woher wissen wir, ob unser neues UC-System ein Kommunikationsproblem hat? Verlassen wir uns bei unserer Meinungsbildung auf die Rückmeldungen (bzw. Anrufe) der Nutzer?

Wer schon einmal für ein Kommunikationsnetz verantwortlich war, kennt sicher den folgenden Dialog:

Nutzer: „Übrigens hatte ich gestern wieder einen teilweise sehr verstümmelten Anruf. Ich dachte, ich lasse Sie das mal wissen.“

Administrator: „Wann fand der Anruf statt?“

Nutzer: „Ich erinnere mich nicht genau, aber es war nach dem Mittagessen.“

Administrator: „Mit wem haben Sie gesprochen und welches Telefon haben Sie benutzt?“

Nutzer: „Nun, es war mehr als ein Anruf…. ich war in so vielen Anrufen gestern… ich kann mich nicht mehr an die Details erinnern. Ich war in mehreren Konferenzen… einige Anrufe wurden von meinem Schreibtisch, einige von meinem schnurlosen Telefon und einige von meinem Handy aus geführt.“

Administrator: „Wurden die Anrufe mit internen oder externen Personen geführt?“

Nutzer: „Ich kann mich nicht so genau erinnern. Ich verbringe den ganzen Tag am Telefon und ich erinnere mich nicht an die Details.“

Jeder Administrator kennt so eine Geschichte über mögliche Sprachprobleme. Die Nutzer liefern nicht genügend Informationen, um eine vernünftige Untersuchung der aufgetretenen Probleme einleiten zu können. Bei dem beschriebenen Fehlerbild können die Fehlerursachen sowohl am lokalen Telefonsystem als auch an der jeweiligen Gegenstelle liegen. Es kann sich um eine schlechte Handy-Verbindung handeln oder das interne Netzwerk hat kurzzeitig Probleme. Es könnte aber auch am Übergang (Gateway oder Session-Border-Controller) in das öffentliche Netz liegen bzw. die Fehler wurden vom SIP-Carrier verursacht.

Das Fehlerbild ist zu grob gefasst und daher für die Fehlersuche zu diffus. Man wünscht sich in einem solchem Fall die Bereitstellung von magischen Informationen, die einem das Einkreisen des Fehlerbilds ermöglicht.

Ursachen von Problemen?

Sprache und Video reagieren auf viele Netzwerkprobleme überraschend tolerant. Was viele Geschäftsanwendungen zum Absturz bzw. zur drastischen Verlangsamung der Kommunikationsprozesse führt, wird bei der Sprach- und Videoübermittlung einfach ignoriert. Solange die Paketverluste unter einem Prozent liegen und der Jitter klein genug ist (damit sich die Endpunkte dynamisch daran anpassen können), treten kaum sichtbare bzw. hörbare Probleme auf. Gewisse Probleme werden erst sichtbar, wenn ein Burst an Paketverlusten oder mehr Jitter auftritt, als die Telefone verarbeiten können.

Eine Ursache von Problemen können durch Schnittstellenfehler, welche auf eine fehlerhafte Verkabelung zurückzuführen sind, verursacht werden. Die über die angeschlossenen Netzwerkkabel übermittelten Daten werden durch magnetische Quellen oder hochfrequente Signale (beispielsweise Leuchtstofflampen, Hochspannungsleitungen oder große unterbrechungsfreie Stromversorgungen) beeinflusst. Selbst Glasfaserkabel können auch eine Quelle von Problemen darstellen. Hier handelt es sich oft um fehlerhafte bzw. verschmutzte Steckverbinder oder ein gequetschtes Kabel. Beide Ursachen können eine hohe Dämpfung der Lichtsignale verursachen, welche zu Fehlern beim Empfänger führen.

Eine weitere Ursache für Paketverlust ist eine Netzüberlastung. Die Stauung treten vor allem in folgenden Bereichen auf:

  • Aggregationspunkte: mehrere Datenströme werden über eine einzige Verbindung multiplext,
  • Fehlerhafte Geschwindigkeitsanpassung: Diese tritt in der Regel dort auf, wo ein Highspeed-LAN an eine WAN-Verbindung (mit geringerer Geschwindigkeit) angeschlossen ist oder wo eine Hochgeschwindigkeitsverbindung im Core-Bereich mit einem Verteilnetz mit geringerer Geschwindigkeit verbunden ist.

Identifizieren von Problembereichen

Eine Möglichkeit die Problembereiche zu identifizieren, besteht darin, die vom Netzwerkmanagementsystem gesammelten Fehler- und Paketverluststatistiken zu analysieren. Die meisten Managementsysteme erstellen problemlos einen „Top 10 –Report“ und zeigen die Schnittstellen an, die die höchsten Fehler aufweisen.

Reports der Anrufqualitäten von UC-Controller sind eine weitere wichtige Informationsquelle für den Administrator. Beispielsweise bietet der Unified-Communications-Manager von Cisco die Möglichkeit, individuelle Berichte über die jeweilige Anrufqualität auszugeben.

Melden keine Endpunkte irgendwelche Probleme, dann sind die Sprachqualitätsprobleme wahrscheinlich auf Ursachen außerhalb des eigenen Unternehmens zurückzuführen. Treten immer noch Anrufe mit schlechten Qualitäten auf, dann muss mehr Aufwand in die Fehleranalyse gesteckt werden.

Natürlich gibt kein Zauberverfahren für die Fehleranalyse bei komplizierten Fehlern. Platt ausgedrückt heißt das: Die Quelle des Problems muss identifiziert und korrigiert werden! Paketverluste auf einem oder mehreren Schnittstellen haben oftmals relativ komplexe Fehlerursachen. Ein hohes Volumen an Paketverlusten (beispielsweise mehr als 100.000 Paketverluste pro Tag oder 6.000 Paketverluste pro Stunde) sind ein Hinweis auf eine unzureichende Bandbreite. Das schnelle Hinzufügen von mehr Bandbreite kann dieses Problem kurzfristig beseitigen. Es gibt jedoch eine Regel für diese Lösung: Neue (vergrößerte) Bandbreiten schaffen schnelle Problemlösungen, verschieben jedoch die Ursachenanalyse für die Probleme in die Zukunft. Die ultimative Lösung lautet daher: Die Realisierung von QoS-Mechanismen sorgen für die notwendige Priorisierung des Sprach- und Video-Verkehrs im Fall von Bandbreitenengpässen. Geeignete QoS-Maßnahmen können eventuell mit größeren Puffern kombiniert werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass zu große Paketpuffer zu einer Verschlechterung des TCP-Durchsatzes bei Geschäftsanwendungen führen kann.

Was ist mit UC aus der Cloud ?

Cloud-UC ändert an den grundlegenden Übertragungsparametern nichts. Der notwendigen UC-Server bzw. die Telefonanlage befinden sich bei dieser Lösung beim Cloud-Provider, aber die Endpunkte sind immer noch im Unternehmensnetzwerk aktiv. Der Transport der Sprach- und der Videodaten (hier der Media-Stream) erfolgt in der Regel direkt zwischen den Endpunkten, so dass die Systeme des Cloud-Providers nicht an diesen Prozessen beteiligt sind. Die Ausnahme bilden Konferenzschaltungen, bei der sich die Media-Control-Unit beim Cloud-Provider befindet. Jeder, der über eine UC-Lösung aus der Cloud nachdenkt, sollte darauf achten, dass der Cloud-Provider bei Bedarf entsprechende Call-Statistiken und Fehlerdaten bereitstellt, damit auftretende Sprach- und Videoprobleme überprüft und behoben werden können.