Hardware und Software sind nicht die einzigen Dinge in einem Netzwerk, die aussterben können. Wie vermeidet man, dass man zu einem Netzdinosaurier wird?
Die Netzwerkindustrie verändert sich. Wir sind inzwischen daran gewöhnt auch noch die letzten Hardware- und Software-Dinosaurier zu vernetzen. Wir wissen, die alten Systeme enthalten keine Features oder Funktionen, die in modernen Netzwerk-Designs benötigt werden. Trotzdem nutzen wir diese Komponenten weiter. Dies führt oft dazu, dass die alte Hardware in Teile des Netzwerks verlegt wird, in denen die neue Funktionalität nicht benötigt wird. Aber auch in den weniger „wichtigen“ Bereichen unserer Netze gilt es, immer wieder ein Upgrade der Netzkomponenten vorzunehmen, um die alten Geräte zu ersetzen (welche vom Hersteller entweder nicht mehr unterstützt werden oder deren Wartung zu teuer wird).
Wir kennen uns mit der Hardware und Software bestens aus, aber was ist mit den weichen Faktoren? Diese werden in den USA als „Peopleware“ bezeichnet und beschreibt die Rolle der Menschen in der Entwicklung oder Anwendung von Computersoftware und Hardwaresystemen (einschließlich der Produktivitätsentwicklung, der Teamarbeit, der Gruppendynamik, der Programmiersprachen, des Projektmanagements, des Interface-Designs und der Mensch-Maschine-Interaktion).
Seit mehr als zwanzig Jahren haben wir Zehntausenden von Netzwerk-Ingenieuren gelehrt, wie man Netzwerke plant, konfiguriert, bedient und diagnostiziert. Wir wissen seit mindestens zehn Jahren, dass dieses Modell nicht optimal skaliert und den Anforderungen der Netzwerke in Sachen „Größe, Komplexität und Dynamik“ nicht mithalten kann. Dieses veraltete Modell wird durch softwaredefinierte Netze (SDNs) ersetzt, deren Kernkomponente die Netzwerkautomatisierung auf Basis von Application-Programming-Interfaces (APIs) ist.
Die Netzwerkautomatisierung kann heute auf nahezu alle Netzwerkkomponenten genutzt werden. Das Projekt „NETCONF (RFC 6241)“ und die Modellierungssprache „YANG (RFC 6020)“ stellen die entsprechenden Datenmodelle und Kommunikationsprotokolle für die Verwaltung einer Vielzahl von Netzwerkkomponenten zur Verfügung. Diese Projekte sind konzeptionell nicht anders als die SNMP-Protokolle mit den entsprechenden MIBs.
Entweder man akzeptiert die Änderung oder man wird geändert
Viele meine Netzwerkkollegen wehren sich mit Händen und Füßen gegen jegliche Veränderung. Dabei gehört die Veränderung immer schon zu den Grundlagen jedes Netzwerktechnikers. Diese Personen wollen einfach nur so weiter machen, wie es ihnen vor vielen Jahren gelehrt wurde. Diese Menschen bezeichne ich inzwischen als Netzwerk-Dinosaurierer.
Jedes Mal, wenn ich von jemand höre, dass er nichts Neues lernen möchte, bin ich schockiert. Wäre ich in einem Unternehmer verantwortlich und würde mir jemand sagen, dass er nicht mehr an einer Fortbildung interessiert ist, dann würde ich ihm mit all meiner Kraft helfen, dass er den gewünschten Ruhestand so schnell wie möglich erreicht. Solche Personen sind Gift für das Unternehmensklima. Unternehmen bleiben nur dann wettbewerbsfähig, wenn diese innovativ sind. Verweigern die Mitarbeiter jegliche Innovation, dann schaden sie dem Unternehmen.
Die Verweigerung der Anpassung an den Wandel versperrt den Blick auf die Zukunft. Das Erlernen neuer Dinge ist eine gute Übung für unser Gehirn und hält den Geist wach und die Person flexibel. Außerdem kann es Spaß machen, wenn man sich den „Neuigkeiten“ aus einem positiven Blickwinkel nähert.
Das Erlernen neuer Netzwerktechnologien sollte keinem von uns fremd sein. Wir alle mussten in den vergangen 10 Jahren neue Konzepte, Designmethoden, Implementierungsdetails und Techniken zur Fehlerbehebung erlernen. Hierzu gehörten beispielsweise das IP-Subnetting (das Verständnis von Subnetting gehörte für viele Jahre zu den wichtigsten Wettbewerbsvorteilen bei Bewerbungen), VLANs, MPLS, LACP, MLAG, IPv6, Multicast, …(und die Liste könnte ewig fortgesetzt werden)
Anpassung an die Anforderungen
Was können wir tun, um uns an den Wandel anzupassen? Platt ausgedrückt: Lesen und Lernen. Lesen Sie alles über SDN, APIs und was noch damit tun, um ihre Netzwerke in Zukunft flexibler und zuverlässiger zu machen. Wir müssen nicht alle sofort die neuesten (und manchmal auch unausgereiften) Technologien beschaffen, aber wir sollten uns mit den neuen Techniken auseinandersetzen. Eventuell nutzen wir die neuen Techniken zuerst in einem Testumfeld und gewinnen hier die notwendigen Erfahrungen für den späteren Praxiseinsatz.
Natürlich sollten wir auch die Grundlagen der Skriptsprache erlernen. Ich spreche nicht davon, dass wir alle zu Software-Entwicklern werden. Ich denke, es genügt bereits, wenn wir die Sprache der Software-Entwickler verstehen. Man sollte wissen, was JSON bedeutet, dessen Struktur kennen und diese lesen können. Am besten wäre es, wenn einem Software-Entwickler bei der Entwicklung einer Netzwerk-Automatisierungssoftware ein richtiger Netzwerktechniker zur Seite gestellt würde. Der Idealzustand wäre natürlich, eine Person, die die Kluft zwischen Vernetzung und Software überbrücken könnte.
Netzwerker müssen nicht in der Lage sein, die Software selbst zu schreiben. Natürlich wäre es von Vorteil, wenn der Netzwerker über einige grundlegende Programmierkenntnisse verfügen würde. Sie sollten die grundlegenden Strukturen der meisten Sprachen lernen, die für die Netzwerkautomatisierung verwendet werden. Bei Python, einer der beliebtesten Netzwerkautomatisierungssprachen, ist es sinnvoll, die grundlegende Syntax, Listen, Wörterbücher (Hash-Tabellen) und Kontrollfluss-Mechanismen zu verstehen. Es ist auch sinnvoll, wenn der Techniker ein Verständnis für die modulare Software-Entwicklung aufbringt und versteht wo die Probleme bei dieser Technologie liegen. Darüber hinaus sollte man sich mit den bekannten Automatisierungssystemen (beispielsweise Ansible, Chef oder Puppet) auseinander setzen.
Am besten arbeitet man mit einigen Softwareentwicklern zusammen und lernt die Größe und die Dauer von Softwareprojekten einzuschätzen. Im Idealfall findet man in dieser Zusammenarbeit die Stellen in den Prozessen, an denen Diagnosefunktionen integriert werden sollten, damit die Software und das Netzwerk, einfach zu überwachen und zu verwalten ist. Die meisten Softwareentwickler wissen nicht, welche Diagnoseinformationen im Alltag benötigt werden und bedürfen daher der Hilfe von den Netzwerkexperten.
Wie steht es mit den Zertifizierungen?
Netztechnologien bleiben nicht stehen. Aus diesem Grund muss das Wissen der Netzwerker von Zeit zu Zeit aufgefrischt bzw. ergänzt werden. Eine einmal erhaltene Zertifizierung eines Herstellers sagt wenig über den aktuellen Wissensstand einer Person aus. Zu den Bestandteilen der neuen Zertifizierungen bzw. Zertifizierungskurse gehört inzwischen auch die Netzwerkautomatisierung. SDN. Natürlich bricht SDN mit vielen alt hergebrachten (und lieb gewonnenen) Design- und Administrationsmodellen, aber das Erlernen einer neuen Technologie und den Umgang damit, macht den Netzwerker umso wertvoller für seinen Arbeitgeber und trotz fortschreitendem Alters wird er so nicht zum Netzwerkdinosaurier.