Den Tarifchaos bei US-Zöllen nutzen Cyberkriminelle zunehmend für Online-Betrug

Laut einem kürzlich auf CNBC erschienen Bericht setzen Cyberkriminelle in den USA für Online-Betrug zunehmend auf einen neuen Ansatzpunkt: die hochfluide Zollpolitik der Regierung Trump. Gut getarnt als Einzelhändler, Lieferant oder Regierungsbehörde, versenden sie per E-Mail und SMS Fake-Zahlungsaufforderungen zur Begleichung angeblicher Zolltarife für Lieferungen und Dienstleistungen an Verbraucher und Unternehmen.

Als die US-Regierung im April dieses Jahres umfassende Änderungen der US-amerikanischen Zolltarife ankündigte – denen in rascher Folge Verhandlungen, Drohungen, Einigungen und erneute Verhandlungen folgten – erzeugte dies nicht nur an den Märkten Unruhe und Chaos. Auch Verbraucher und Unternehmen fanden sich bei Tarifen und Preisen schon bald nicht mehr zurecht. Praktisch jede Woche wurden in den Medien neue Änderungen bekannt gegeben. Online-Betrüger erkannten die Möglichkeit, die sich ihnen hier bot und nutzen die unklare Lage gezielt für sich aus. In den USA wurde eine ganze Reihe neuer Social-Engineering-Kampagnen gestartet, die die US-amerikanischen Zolltarife zum Gegenstand hatten. Die Angreifer spekulierten darauf, dass ihre Opfer in den Medien mitbekommen hätten, dass die Preise ansteigen würden, dass Unternehmen ihre Mehrkosten an die Verbraucher weitergeben würden – aber nicht wüssten, ab wann welche neuen Regelungen gelten würden und wie die Begleichung der Zolltarife konkret abgewickelt werden würde.

Im ersten Halbjahr 2025 hatte das Thema „Zolltarife“ beim Online-Betrug in den USA dementsprechend einen starken Aufwind zu verzeichnen. Einige Forscher sprachen von einem Anstieg der diesbezüglichen Angriffe von sage und schreibe mehreren hundert Prozent. Hunderte Domainregistrierungen, die mit Zolltarif-Scams in Zusammenhang standen, konnten lokalisiert werden. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen.

Derzeit konzentrieren sich die Angriffe noch auf US-amerikanische Opfer – eben da hier die Verbraucher und Unternehmen sitzen, die die Zölle am Ende zu zahlen haben. Das könnte sich aber schon bald ändern. Sollte zwischen den USA und der EU keine Einigung erzielt werden, wird auch hier mit der Einführung neuer Zölle gerechnet werden müssen. Dann wird sich das Thema Zolltarife auch für hiesige Onlinebetrüger rasch zu einem profitablen Ansatzpunkt entwickeln.

Hiesigen Unternehmen kann deshalb nur geraten werden, sich proaktiv und frühzeitig auf etwaige Zolltarifs-Betrugskampagnen vorzubereiten. Sie werden aller Voraussicht nach im Fokus der Angreifer stehen. Um Mitarbeiter – und sich selbst – vor der nächsten Betrugskampagne zu schützen, um zu verhindern, dass Angreifer über Phishing- und Spear Phishing-Attacken grundlegende Daten für eine Betrugskampagne erbeuten, sollte die Belegschaft umfassend aufgeklärt und vorbereitet werden. Vor allem auf drei verdächtigte Betrugs-Charakteristika sollte künftig beim Empfang von SMS und Emails verstärkt geachtet werden:

  • Unaufgeforderte und drängende Zahlungsaufforderungen,
  • Zahlungsaufforderungen mit Website-Links und -E-Mail-Adressen, die nicht mit den Domains der offiziellen Absender übereinstimmen, und
  • Zahlungsaufforderungen, bei denen sich die Auflistung der Kosten (und Zolltarife) nur schwer oder gar nicht nachvollziehen lässt und bei denen Kontaktdaten für etwaige Rückfragen fehlen.

Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern helfen, die subtilen Anzeichen von Phishing, Spear Phishing und Social-Engineering, die letztlich stets die Grundlage erfolgreichen Online-Betrugs sind, rechtzeitig zu erkennen – bevor es zu spät ist. Moderne Phishing-Trainings, -Schulungen und -Tests lassen sich, KI sei Dank, mittlerweile personalisieren und automatisiert – kontinuierlich – zum Einsatz bringen. Moderne Anti-Phishing-E-Mail-Technologien kombinieren KI mit Crowdsourcing, um neueste Zero Day-Bedrohungen frühzeitig aufzuspüren und rechtzeitig abzuwehren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen, können sie potenzielle Phishing-E-Mails ganzheitlich analysieren – einschließlich der Domäne des Absenders, des Inhalts und möglicher Social-Engineering-Taktiken. Mit solchen und ähnlichen Systemen ist es Unternehmen möglich, ihre Human-Risks zurückzufahren und ihre Mitarbeiter zu ihrer besten Verteidigungslinie im Kampf gegen Cyberbedrohungen zu machen.

Von Dr. Martin J. Krämer, Security Awareness Advocate bei KnowBe4