Der Fachkräftemangel in der Cybersicherheit stellt weltweit ein erhebliches Problem dar – und Europa bildet da keine Ausnahme. Laut einem neuen Bericht des Weltwirtschaftsforums bleibt die Branche weiterhin stark unterbesetzt, wobei weltweit 3,4 Millionen Fachkräfte fehlen. Diese Zahl verdeutlicht, dass der Mangel an qualifiziertem Personal zu den größten Herausforderungen in der Cybersicherheit zählt. Neben den globalen Herausforderungen treten in Europa auch regionale Faktoren auf, wie unzureichende Investitionen in Bildung und ein ungleicher Zugang zu digitalen Fähigkeiten in bestimmten Bevölkerungsgruppen.
Ein zentrales Problem besteht darin, dass die Ausbildungsinhalte oft nicht den Anforderungen der Praxis entsprechen. Unternehmen fordern praxisnahes Wissen, während viele Schulungsprogramme zu stark auf Theorie fokussiert sind. Zertifizierungen, die praktisches Wissen in Bereichen wie Microsoft-Azure, AWS-Sicherheit oder Linux vermitteln, sind entscheidend für den Einstieg in die Branche. Der Bericht des Weltwirtschaftsforums hebt hervor, dass Unternehmen verstärkt nach praktischen Fähigkeiten suchen, insbesondere in Bereichen wie Incident-Response und Bedrohungsanalyse. Ein effektiver Ansatz, um die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu schließen, besteht darin, Lernenden die Möglichkeit zu geben, in realen Umgebungen oder simulierten Angriffsszenarien zu üben.
Partnerschaften zwischen Bildungsinstitutionen und der Industrie bieten zudem vielversprechende Lösungsansätze. Wenn Schulungsprogramme in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entwickelt werden, können sie besser auf die tatsächlichen Anforderungen des Arbeitsmarktes abgestimmt werden. Solche Kooperationen eröffnen den Absolventen oft direkte Wege in den Beruf. Der Bericht zeigt auch, dass die Förderung von Cybersecurity-Talenten eine gemeinsame Verantwortung von Regierungen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen darstellt, um die wachsende Lücke zu schließen.
Darüber hinaus bleibt die mangelnde Vielfalt in der Cybersicherheitsbranche ein wichtiges Thema. Frauen, ethnische Minderheiten und Menschen aus benachteiligten Verhältnissen sind weiterhin stark unterrepräsentiert. Ausbildungsprogramme sollten gezielte Anreize schaffen, beispielsweise durch Stipendien oder Mentoring-Programme, um mehr Diversität zu fördern. Dies hilft nicht nur, den Fachkräftemangel zu lindern, sondern bringt auch frische Perspektiven und Innovationspotenzial in die Branche. Das Weltwirtschaftsforum betont in diesem Zusammenhang, dass die Förderung von Inklusion und Vielfalt entscheidend für die langfristige Entwicklung und Innovationskraft der Cybersicherheitsbranche ist.
Neben der technischen Expertise gewinnen auch soziale Kompetenzen immer mehr an Bedeutung. Kommunikationsstärke, Problemlösungsfähigkeiten und kritisches Denken sind mittlerweile zentrale Anforderungen an Cybersicherheitsexperten. Sie müssen komplexe technische Sachverhalte verständlich erklären können, mit verschiedenen Teams zusammenarbeiten und Probleme kreativ lösen. Diese Soft Skills sind daher für den Erfolg ebenso wichtig wie technisches Wissen, was auch die „KnowBe4 Cybersecurity Skills Needs Analysis -Umfrage“ bestätigt.
Die Cybersicherheitslandschaft entwickelt sich rasant weiter, getrieben von neuen Technologien wie Cloud-Computing, dem Internet der Dinge (IoT) und KI-basierten Angriffen. Um in diesem dynamischen Umfeld mithalten zu können, müssen Schulungsanbieter ihre Curricula regelmäßig aktualisieren und Themen wie Cloud-Sicherheit, DevSecOps und KI-Sicherheit in ihre Programme aufnehmen. So können sie sicherstellen, dass die Lernenden auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet sind.
Eine weitere große Herausforderung ist die langfristige Bindung von Fachkräften. Der hohe Stress und das Burnout-Risiko in der Cybersicherheitsbranche führen häufig zu einer hohen Fluktuation. Um dem entgegenzuwirken, müssen Unternehmen ein Arbeitsumfeld schaffen, das Wohlbefinden und mentale Gesundheit fördert. Bildungsinstitutionen können dazu beitragen, indem sie Lernende darauf vorbereiten, wie sie Stress managen und eine gesunde Work-Life-Balance aufrechterhalten. Letztlich wird die Lösung des Fachkräftemangels im Bereich Cybersicherheit mehr erfordern als nur eine Zunahme der qualifizierten Absolventen. Es wird entscheidend sein, praxisorientierte Schulungen anzubieten, eng mit der Industrie zusammenzuarbeiten, die Vielfalt zu fördern und auf neue technologische Entwicklungen zu reagieren. Auf diese Weise können nicht nur die aktuellen Lücken geschlossen, sondern auch die künftigen Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit erfolgreich gemeistert werden.
Von Dr. Martin J. Krämer, Security Awareness Advocate bei KnowBe4
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