Remote-Work im Ausland – noch eher ein Gesetzes-Dschungel statt Arbeiten unter Palmen

Remote-Work verspricht die Art von beruflicher Selbstbestimmung, nach der sich viele Menschen so lange sehnten. Theoretisch braucht es nur eine stabile Internetverbindung und das Arbeitszimmer ist da, wo man möchte. Schon jetzt ergreift laut einer Yougov-Umfrage mehr als jeder Zehnte Angestellte in Deutschland die Chance, zumindest zeitweise aus dem Ausland zu arbeiten. Sogenannte „Workations“ sind also durchaus beliebt. Der Traum, Urlaub und Arbeit ganz unkompliziert zu verbinden, kann in der Realität allerdings schnell zu einem Albtraum werden. Es können Steuern und Bußgelder im Ausland drohen – schlimmstenfalls bereits dann, wenn man nur das E-Mail-Postfach überprüft. Wenn man sich jedoch mit ein paar Notwendigkeiten vertraut macht, können Mitarbeitende und Unternehmen die vielfältigen Vorteile von Remote-Work uneingeschränkt nutzen.

 

Die Gesetzeslage ist unübersichtlich 

Trotz der Beliebtheit, der sich Remote-Work zunehmend erfreut, gibt es ein zentrales Problem: Die Gesetzeslage kann nicht mit den Möglichkeiten mithalten, die die digitalisierte Arbeitswelt bietet. Für diejenigen, die remote im Ausland arbeiten, kann das im Zweifel Steuer- oder Strafzahlungen nach sich ziehen. Auch kleinste Tätigkeiten, wie zum Beispiel das bereits erwähnte Checken der E-Mails, ist riskant. Außerdem kann mitunter eine Arbeitserlaubnis erforderlich sein. Länder wie die USA sind, was das betrifft, sehr streng. Dort ist eine Arbeitserlaubnis auch dann verpflichtend, wenn das Unternehmen in einem anderen Land ansässig ist.

Insgesamt ist die rechtliche Lage äußerst unübersichtlich – selbst in der EU gibt es noch keine einheitliche Regelung. Das erschwert es Unternehmen und ihren Mitarbeitenden massiv, herauszufinden, was erlaubt ist und womit man sich strafbar macht. In der Praxis muss also jeder Einzelfall für sich recherchiert werden, um gesetzliche Details in verschiedenen Ländern nachvollziehen zu können. Doch Achtung: Eine Internetsuche verwirrt am Ende meistens bloß, da die hier gebotenen Informationen oft unvollständig oder widersprüchlich sind. Digitale Nomaden stehen also zunächst vor einem Labyrinth aus Regulierungen und Pflichten. Erst, wenn sie es durchquert haben, kann der Traum von der Arbeit an der Strandbar Realität werden. Im Falle einiger Länder ist es allerdings möglich, dass dieser noch im Vorfeld zerplatzt.

 

Technisch möglich, aber rechtlich vernachlässigt 

Remote-Work mag erst während der Pandemie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sein. Allerdings sind die technologischen Grundlagen schon deutlich länger gegeben – seit der Jahrtausendwende haben Firmen begonnen, Regeln für die ortsunabhängige Arbeit zu formulieren und anzuwenden. Doch warum ist die rechtliche Seite dann noch so chaotisch und unausgereift?

Wie so oft gibt es auf diese Fragestellung nicht eine einzige richtige Antwort. Stattdessen gibt es viele verschiedene Faktoren, die die Problematik bedingen. Dabei stechen zwei Bestimmte jedoch deutlich hervor: Einerseits ist eine globale – oder zumindest großflächig internationale – Koordination notwendig. Das alleine stellt eine Herausforderung dar, wie es auch andere politische Themen zeigen. Andererseits wurde dem Thema lange keine Priorität zugeschrieben. Vor 2020 war Remote-Work für die meisten Arbeitnehmenden ein Randphänomen, das kaum etwas mit ihrem Arbeitsalltag zu tun hatte. So ist es auch nicht überraschend, dass die Politik dem neuen Arbeitsmodell nur minimale Bedeutung zuweist. Kurz gesagt: Es fehlte an politischem Willen und der kritischen Masse an Remote-Work-Interessierten.

 

Vielversprechende Entwicklungen 

Während Deutschland wie so oft in digitalen Belangen hinterherhinkt, gibt es aber auch jetzt schon Länder, die entsprechenden Regelungen remote-freundlich gestaltet haben. So ist es in Indonesien und Schweden für Nicht-Einheimische möglich, vor Ort bis zu 183 Tage lang steuerfrei zu arbeiten. Ähnlich verhält es sich mit Neuseeland und Taiwan, wo ein Aufenthalt für Remote-Angestellte von bis zu 92 beziehungsweise 90 Tagen erlaubt ist. Hongkong und Singapur ermöglichen immerhin einen Workation von bis zu 60 Tagen. Diese Vorreiter zeigen, wie sich die Rechtslage in Zukunft entwickeln könnte. Anstatt Remote-Work aktiv zu unterbinden, stellen sie sich immer mehr auf ortsunabhängige Mitarbeitende und Digital-Nomads aus aller Welt ein.

Doch nicht nur einzelne Staaten sind dabei, ihren Umgang mit Remote-Work zu modernisieren. So prüft die OECD die Anpassung von Steuer- und Beschäftigungsregeln, um ein angemessenes rechtliches Fundament für Remote-Work zu schaffen. Auch die EU hat kürzlich eine Empfehlung bezüglich Grenzarbeitnehmenden herausgegeben – also Angestellten, die in verschiedenen Ländern arbeiten und wohnen. Die Empfehlung sieht vor, dass Grenzarbeitnehmende, die maximal die Hälfte ihrer Arbeitszeit von zu Hause aus arbeiten, vollen Zugang zur sozialen Sicherung im Arbeitgeberland bekommen. Entscheidend für die Wirkung dieser Empfehlung ist, wie viele Mitgliedsstaaten ihr folgen werden.

 

Ein langer Weg in die Zukunft 

Dominik Skalet, International Tax Manager, Remote

Es ist ein gutes Zeichen, dass die Thematik mittlerweile mehr Aufmerksamkeit auf der übernationalen Ebene bekommt als noch vor wenigen Jahren. Die Initiativen der OECD sowie der EU lassen auf bessere Zeiten hoffen. Schließlich profitieren Digital-Nomads an dieser Stelle auch vom Netzwerkeffekt – eine Einigung zwischen vielen Staaten hat eine vielfach größere Auswirkung als eine Reihe von bilateralen Regelungen. Je mehr Staaten sich zusammentun, desto klarer wird die Rechtslage. Ideal wäre eine weltweite Einigung. Diese – falls überhaupt umsetzbar – wird allerdings noch länger auf sich warten lassen.

Die Möglichkeiten, die ortsunabhängiges Arbeiten bietet, bis dahin ruhen zu lassen, ist keine Option. Zu groß sind die Vorteile, die Remote-Work bietet – und zwar für Mitarbeitende als auch für die Unternehmen selbst. Das Bewusstsein darüber, welche Länder sich für eine Workation eignen und welche nicht, ist der erste wichtige Schritt. So lässt sich vermeiden, dass die traumhafte Vorstellung von der Arbeit unter Palmen in einem Desaster endet.

Von Dominik Skalet, International Tax Manager, Remote