Geschlechtsspezifische Herausforderungen gehören im Projektmanagement noch nicht der Vergangenheit an. Im Gegenteil: Weltweit übersteigt die Zahl der Projektmanager, die ihrer Kolleginnen 3:1 – ein Verhältnis, dass sich trotz zahlreicher DE&I-Anstrengungen auch in Europa nicht verkleinert. Wie aus einer aktuellen Studie des Project Management Institute (PMI) und der Women of Project Management hervorgeht, üben hier 27% Frauen und 74% Männer diesen Beruf aus. Damit nicht genug: Projektmanagerinnen verdienen weiterhin weniger als ihre männlichen Pendants. Deutschland beträgt die Differenz des Medianeinkommens 11%. Dabei sei die Branche, laut Lysan Drabon, Managing Director für Europa bei PMI, für Frauen attraktiv: „Flexibilität und eine verhältnismäßig gute Bezahlung unterstützen die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.“ Mehr noch, Projektmanagement-Fähigkeiten können zum Sprungbrett in Führungspositionen werden. Das unterstreichen auch die aktuellen Zahlen. Denn von insgesamt 8.313 Befragten gaben 20% der Frauen und 23% der Männer an, eine gewisse Leadership-Rolle innezuhalten. Wie also steht es, um die weibliche Seite der Branche?
Heterogene Teams
Um mit der weltweit fortschreitende Projektifizierung der Arbeit Schritt halten zu können, werden bis zum Jahr 2023 branchenübergreifend 25 Millionen neue Projektmanager und Projektmanageirnnen benötigt. Sollte sich der Bedarf an qualifiziertem Personal in den nächsten sieben Jahren nicht decken lassen, droht allein in Europa ein Verlust des Bruttoinlandsprodukts von etwa 83 Milliarden US-Dollar. Um das zu kompensieren, rückt hier eine bisher oft übersehene „Ressource“ verstärkt in den Fokus: Frauen. „Wir wissen, dass vor allem jene Projekte ihre Ziele erreichen, die auf heterogene Teams setzen. Frauen leisten dazu einen entscheidenden Beitrag, weil sie häufig in besonderem Maß empathisch und sozial kompetent sind, was zum Beispiel in der Moderation von Konflikten enorm wichtig ist“, bekräftigt Sandra Deichsel, Strategy Lead für Deutschland bei PMI. Zudem verdeutlich die aktuelle Studie, dass trotz ihrer geringeren Präsenz im Projektmanagement Frauen häufiger als Männer, agile und hybride Ansätze verwenden und mit größerer Wahrscheinlichkeit für Organisationen arbeiten, die diese Ansätze mit fortschrittlichen Technologien paaren. „Solche Fähigkeiten und Erfahrungen sind nicht nur entscheidend für die Leitung komplexer Projekte und für eine Effizienzsteigerung, sondern auch insgesamt für die Verbesserung der organisatorischen Agilität und den Fortschritt bei der digitalen Transformation“, fügt Lysan Drabon hinzu.
Gemischtes Doppel
Voraussetzung für eine effiziente Nutzung von Potenzialen in gemischten Teams, ist ein Bewusstsein für die positiven Wechselwirkungen und die notwendige Teamfähigkeit. In der Praxis zeigt sich hier immer wieder, dass soziale Kompetenzen und Empathie eine entscheidende Rolle spielen. Laut der aktuellen Studie sind sich Frauen und Männer im Projektmanagement zudem einig: Kommunikation, Problemlösung, kooperative Führung und strategisches Denken haben als Power Skills die größte Wirkung auf den Erfolg eines Projekts und damit auch die Erreichung der Unternehmensziele. „Qualifizieren sich Frauen gezielt für Rollen im Projektmanagement weiter, die diese Power-Skills erfordern, haben sie hervorragende Chancen, auch in Sachen Gehalt angemessen wertgeschätzt zu werden und die Situation von Frauen allgemein zu verbessern“, sagt Sandra Deichsel. Denn: “Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeit und Erwerbsbiografien verdienen weniger Geld als Männer? Das ist absurd!“
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