Kritisches Bewusstsein bezüglich Regulierung von Tech-Konzernen wächst

Die Meldungen der vergangenen Monate wurden hauptsächlich von der Corona-Krise dominiert. Und weil neue Zeiten neue Wörter erfordern, wurde im englischsprachigen Raum sogar die Vokabel „Doomscrolling” offiziell in das Merriam-Webster-Wörterbuch aufgenommen. Eine deutsche Übersetzung gibt es bislang noch nicht, doch gemeint ist damit der kontinuierliche und endlose Konsum schlechter Nachrichten in News-Feeds. Das Smartphone ist zu einer Büchse der Pandora geworden, denn die Gier nach Schreckensnachrichten wird durch moderne Technologien wie Smartphones, Tablets und natürlich das Internet erst richtig befeuert. Nun wird die Notwendigkeit einer Regulierung immer lauter diskutiert.

In den vergangenen Wochen nahm beispielsweise das US-Justizministerium den Internetgiganten Google wegen unfairen Wettbewerbs ins Visier. Auch das EU-Parlament sprach sich für eine strengere Regulierung von Tech-Konzernen aus und präsentierte eine Art „Abschussliste“, auf der vorwiegend US-Konzerne landeten, deren Einfluss überhandgenommen habe. Und selbst Down Under erwägt Gesetze, die sowohl Google als auch Facebook dazu verpflichten sollen, lokale Medien für die Verbreitung ihrer Nachrichten zu bezahlen.

Eine aktuelle, weltweite Umfrage von Snow Software unter 1.000 internationalen IT-Führungskräften und 3.000 IT-Fachkräften fand heraus, dass die überwiegende Mehrheit beider Gruppen Maßnahmen zur Regulierung von Tech-Konzernen unterstützt und im Laufe des Jahres ein kritischeres Bewusstsein für digitale Marktmacht entwickelt haben.

Die Diskussion über eine strengere Regulierung von Tech-Konzernen und die Notwendigkeit, unseren digitalen Lebensstil besser zu schützen, ist in den vergangenen Jahren auf der ganzen Welt neu entfacht. Das rasante Tempo technologischer Innovationen, die zunehmende Abhängigkeit von Daten als Geschäftsgrundlage für Unternehmen und die zunehmende Bedrohung der Cybersicherheit werfen die Frage auf, ob die derzeitigen Gesetze ausreichend sind. Und immer mehr Länder stellen fest, dass die Antwort darauf „Nein“ lautet.

Kurzzeitig war das Thema wegen der Corona-Pandemie fast von der Tagesordnung verschwunden, doch nun nehmen viele Staaten ihre Überprüfung der Geschäftspraktiken von Tech-Konzernen wieder auf. Ähnlich wie das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in der EU vor wenigen Jahren kann die anhaltende Debatte um die Marktmacht von Internet-Riesen und die möglicherweise daraus resultierenden Vorschriften langfristige Auswirkungen auf Bereiche wie Technologiekosten oder Compliance-Richtlinien haben. IT-Führungskräfte müssen diesen drohenden Flickenteppich von Vorschriften aus unterschiedlichen Ländern genauso im Blick behalten wie kurzlebige Rechtsabkommen – beispielsweise die jüngst vom Europäischen Gerichtshof gekippte EU-US-Datenschutzvereinbarung „Privacy Shield“. Es ist von entscheidender Bedeutung, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie sich solche Gesetze und Abkommen auf ihre Geschäfts- oder Technologiestrategie auswirken könnten.

 

Eine wachsende Mehrheit glaubt, dass mehr Regulierung notwendig ist

Snow Software befragte IT-Führungskräfte und -Mitarbeiter im Rahmen des kommenden „2021 IT Priorities Report“ über die Herausforderungen der letzten 12 Monate und Anpassungen bezüglich der Technologie-Prioritäten. Ein Fragenbereich behandelte das Thema Technologie-Regulierung. Dieser wurde mit ähnlichen Fragen der weltweiten Mitarbeiterbefragung aus dem Jahr 2019 verglichen.

Damals (2019) antworteten 74% der Beschäftigten, dass die Tech-Industrie insgesamt mehr Regulierung benötige. Heute beantworten sogar 94% der IT-Führungskräfte und 82% der IT-Beschäftigten diese Frage generell positiv. Ganz konkret betrifft dies die Bereiche Datenschutz (54% IT-Leiter, 46% Beschäftigte) und Cybersicherheit (54% IT-Leiter, 42% Beschäftigte).

 

Bedenken variieren bei IT-Führungskräften je nach Region

Bei der Betrachtung der geografischen Aufschlüsselung der Daten für das Jahr 2020 fällt auf, dass IT-Führungskräfte unterschiedliche Ansichten darüber haben, welche Bereiche der Tech-Branche zusätzlicher Regulierung bedürfen.

  • Die USA sind das einzige Land, in dem Cybersicherheit nicht an erster Stelle steht. US-Führungskräfte wünschen sich Regulierung insbesondere für den Datenschutz (63%) sowie die Datenerfassung (49%). Erst an dritter Stelle steht mit 49% die Cybersicherheit, gefolgt von Konnektivität mit 39% und Wettbewerb mit 36%.
  • Im Vereinigten Königreich finden 54%, dass sich Regulierung in erster Linie mit der Cybersicherheit beschäftigen sollte, dicht gefolgt vom Datenschutz mit 48%. An dritter Stelle stehen Datenerfassung und Verschlüsselung mit jeweils 35%, gefolgt von Wettbewerb und Konnektivität mit jeweils 22%.
  • Ganz ähnlich wie die Kollegen aus UK befürworten auch deutsche IT-Leiter die Regulierung von Cybersicherheit mit 53%, des Datenschutzes mit 51%, der Verschlüsselung und der Datenerfassung mit jeweils 32% und der Besteuerung mit 22%.
  • Australische Kollegen befürworten eine Regulierung, die sich auf Cybersicherheit (60%), Datenschutz (55%), Datenerfassung (48%), Verschlüsselung (37%) und Wettbewerb (24%) konzentriert.
  • Britische und deutsche Befragte stellen mit jeweils 9% den höchsten Prozentsatz derjenigen, die der Meinung sind, die Tech-Branche benötige keinerlei weitere Regulierung. Demgegenüber teilen diese Ansicht nur 6% der Australier und 2% der Amerikaner.

 

IT-Führungskräfte und -Mitarbeiter begrüßen stärkere Regulierung von Tech-Konzernen

Sowohl 2019 als auch 2020 wurden IT-Leiter und IT-Beschäftigte über ihre Gefühle angesichts des derzeitigen Standes von Regulierungsmaßnahmen befragt. Obwohl dieses Jahr mehr Befragte einer strengeren Regulierung zustimmen, sind sowohl IT-Leiter als auch IT-Beschäftigte insgesamt positiver gestimmt, was den derzeitigen Stand der Regulierungsmaßnahmen im Vergleich zum Vorjahr angeht.

Diese Trends stechen besonders hervor:

  • Dieses Jahr sind die IT-Führungskräfte mit 43% deutlich hoffnungsvoller als ihre Angestellten mit nur 26% im Jahr 2020 bzw. 29% im Jahr 2019.
  • Das Gefühl von Sicherheit steht bei IT-Beschäftigten mit 28% an erster Stelle – gegenüber 26% im Vorjahr. Bei den Führungskräften rangiert Sicherheit mit 37% an zweiter Stelle.
  • Die größte Lücke zwischen Führungskräften und Mitarbeitern findet wenig überraschend sich im Empowerment. 32% der Führungskräfte fühlen sich selbstbestimmt, gegenüber nur 15% der Mitarbeiter.
  • Die größte Veränderung gegenüber 2019 betrifft das Gefühl von Verwundbarkeit. 2020 fühlen sich mit 13% nur noch halb so viele Beschäftigte verletzlich wie 2019 (24%). Bei den Führungskräften liegt dieser Wert mit 10% nochmal niedriger.

Interessanterweise scheinen IT-Leader aus den USA mit 60% deutlich hoffnungsvoller zu sein als ihre Kolleginnen und Kollegen aus UK (38%), Deutschland (35%) und Australien (40%).

Immer mehr Regierungen auf der ganzen Welt begreifen die Regulierung von Tech-Monopolisten als Schlüsselthema unserer Zeit, um Fairness in digitale Märkte einziehen zu lassen. IT-Verantwortliche müssen die damit verbundenen Änderungen im Blick behalten. Wenn sich der Wind dreht, müssen Unternehmen sich schnell an den neuen Rechtsrahmen anpassen, um mögliche Störungen des Geschäftsbetriebes zu minimieren. Der erste Schritt sollte darin bestehen, die Rolle von Technologie für das eigene Unternehmen zu verstehen, und sicherzustellen, dass sie den gewünschten Nutzen erbringt.

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