Video ist überall verfügbar, aber wer nutzt wirklich diesen Dienst?

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Video-Conferencing ist inzwischen allgegenwärtig und hat sich von speziellen Videoräumen auch auf Desktops und auf mobilen Geräten etabliert. Zwangsläufig steigt die Nutzung dieses Kommunikationsmediums an.

Eine meiner großen Fragen lautet derzeit: „Führt die zunehmende Verbreitung von Desktop- und mobilen Video-Conferencing-Funktionen zur reduzierten Nachfrage nach zentralen Videokonferenzsystemen? Außerdem frage ich mich, ob tatsächlich jemand die Video-Conferencing-Funktionen von Unified-Communications bzw. Web-Conferencing-Anwendungen zur Verfügung stellt?

In diesem Sinne beantwortet die vom Marktanalysten Nemertes durchgeführte Studie einen Teil meiner Fragen. In den von Nemertes in mehr als 200 Unternehmen erhobenen Daten spiegelt sich die derzeitige verändernde Dynamik des Videokonferenzmarkts.

Entgegen der allgemeinen Vermutung, dass die Relevanz von zentralen Videokonferenzraumsystemen (speziellen Videoräumen) abnimmt, erweist sich in der Praxis genau das Gegenteil. Trotz der extrem hohen Wachstumsraten bei mobilen und Desktop-Videokonferenzsystemen besteht immer noch ein Bedarf an zentralen Videokonferenzsystemen. Nur etwa 7 Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen gaben an, dass diese ihre Investitionen in zentrale Videokonferenzsysteme reduzieren würden. Etwa 52 Prozent der befragten Unternehmen wollen in Zukunft sogar die Investitionen im Bereich zentraler Videosysteme sogar noch ausweiten. Beim Rest der befragten Unternehmen bleiben die Investitionen weitestgehend unverändert. Bei den 7 Prozent, die eine Erhöhung der Investitionen für zentrale Videoräume planen, ist sogar ein durchschnittliches Wachstum von 32 Prozent für dieses Jahr angedacht.

Was treibt dieses Wachstum? Gemäß dem von Robert Metcalfe aufgestellten Gesetz, wächst der Wert eines Telekommunikationsnetzes mit der Anzahl der Benutzer. Dies trifft inzwischen auch auf das Thema „Video“ zu. Die Bereitstellung der Videofunktionen, ohne dass sich die Nutzer dafür in ein spezielles Videostudio begeben müssen, erhöht den Wert eines zentral installierten Videosystems. Darüber verbessern die Desktop-Videoanwendungen die Meetingkultur der an entfernten Orten angesiedelten Teilnehmer. Im Gegensatz zur Teilnahme an Meetings nur per Audio-Stream (Telefon) fühlen sich die Teilnehmer nicht als Personen zweiter Klasse, weil bei der Videoteilnahme die visuelle Interaktion mit anderen Meeting-Teilnehmern gewährleistet ist.

Trotz dieser Vorteile ist es noch ein langer Weg bis die Videonutzung in den Unternehmen zum Alltag gehört. Weniger als 5 Prozent der Mitarbeiter nutzen im Durchschnitt in den Unternehmen regelmäßig ihre Tablets für Videokonferenzen. Weniger als 2 Prozent der potenziellen Nutzer der Unternehmen verwenden regelmäßig ihre Desktop-Videofunktionen und weniger als 1 Prozent der potenziellen Nutzer verwenden regelmäßig die Videokonferenzfunktionen auf ihren Smartphones.

Aus der oben genannten Umfrage geht jedoch hervor, dass in den kommenden Jahren die Videofunktionen verstärkt genutzt werden wird. Die Ursache hierfür wird in der Verfügbarkeit einer verbesserten und einfacher zu bedienenden Videokonferenz-Software vermutet und der Tendenz zur Nutzung von Videokonferenzen für interne und externe Meetings. Die zunehmende Verwendung von ähnlichen Diensten im Consumer-Bereich (beispielsweise Facetime von Apple oder Skype von Microsoft) fördert zusätzlich die Nachfrage nach ähnlichen Funktionen im Unternehmen.

Die befragten Unternehmen, die keine Erhöhung der Investitionen im Bereich des Video-Conferencings planen, begründen dies mit der mangelnden Nachfrage nach Videofunktionen seitens der Nutzer. Weitere Argumente gegen die Beschaffung von Videosystemen sind der Mangel an verfügbaren Budgets und der fehlende Vorteil im Vergleich zu ähnlichen Funktionen im Bereich der Sprach- und/oder Web-Konferenzen. Nur 12,5 Prozent der befragten Unternehmen nennen die aktuellen Kosten der Videokonferenzprodukte noch als primären Grund für keine Beschaffung bzw. einer Kaufentscheidung dieser Systeme. Die rasch fallenden Kosten von Videokonferenzsystemen und die steigende Verfügbarkeit von Cloud-Angeboten werden die Anfangsinvestitionen zukünftig jedoch reduzieren.

Ein bisher weitestgehend unbeachteter Bereich für Videofunktionen sind die Geschäftsprozesse. Die Unternehmen wollen besonders in diesem Bereich in neue Videoprodukte investieren. 44 Prozent der befragten Unternehmen haben derzeit Pläne für spezifische Anwendungsfälle.

Fazit

Sind die zentralen Videokonferenzsysteme tot? Noch nicht, denn der Markt für Video-Conferencing-Anwendung wächst. Die Integration von Videoanwendungen in Desktops und mobilen Endgeräten stärkt auch den Markt für zentrale Videosysteme. Auch die wachsende Nutzung von Video im Consumer-Bereich erhöht in den Unternehmen das Interesse am Einsatz von Video.