Fake-News und Desinformationskampagnen bedrohen die Demokratie

Dr. Sebastian Schmerl, Vice President Security Services EMEA, Arctic Wolf

Am 23. Februar findet die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag statt. Grund genug für Dr. Sebastian Schmerl, Vice President Security Services EMEA bei Arctic Wolf, die Risiken zu betrachten und zu bewerten, die durch die Verbreitung von Fake-News und Desinformation drohen und somit unsere Demokratie destabilisieren können.

Freie und unabhängige Wahlen sind die Basis einer gut funktionierenden Demokratie. Politische Akteure und externe Kräfte verbreiten im Kontext der anstehenden Bundestagswahl gezielt Falschmeldungen und manipulierte Inhalte, um den Ausgang der Wahl und das Vertrauen in demokratische Institutionen zu erschüttern – eine reale Bedrohung, wie die jüngsten Entwicklungen deutlich machen.

 

Kampagnen gegen einzelne Spitzenkandidatinnen und -kandidaten

Neben Angriffen auf Infrastrukturen von staatlichen Intuitionen − wie etwa jüngst die Attacke auf die Universität der Bundeswehr − richten sich Kampagnen ganz gezielt gegen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, um Wahlentscheidungen zu beeinflussen und greifen somit manipulierend in den demokratischen Prozess ein.

So steht unter anderem Robert Habeck, der Kanzlerkandidat der Grünen und ehemaliger Wirtschaftsminister der Ampelregierung im Fadenkreuz von Desinformationskampagnen. Bereits vor Ankündigung der Neuwahlen sorgte die Berichterstattung zum Gebäudeenergiegesetz dafür, dass die Beliebtheitswerte des Grünen-Politikers rapide abnahmen. Derzeit kursieren Plagiatsvorwürfe bezüglich Habecks Dissertation und beschädigen sein öffentliches Ansehen weiter. Ein Thema, das auch schon anderen Politikerinnen und Politikern zum Verhängnis wurde – seien die Vorwürfe nun begründet oder unbegründet.

Eine weitere Fake-News-Kampagne hat Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU, getroffen. Eine vermeintlich russische Initiative streute unter anderem die Falschmeldung, dass Merz an einer psychischen Krankheit leide. So sollte der Politiker diskreditiert werden.

 

Desinformation als Gefahr für freie Wahlen

Desinformation ist aber nicht nur für die betroffene Person fatal, sondern für den gesamten politischen Prozess. So könnten etwa politische Akteure und Länder wie China oder Russland versuchen, mittels entsprechender Taktiken die Wahl in eine von ihnen gewünschte Richtung zu lenken oder das Volk zu verwirren und zu spalten. Eine volatile Situation, die einen Staat verwundbar macht und den demokratischen Prozess der Wahl gefährdet. Um dem entgegenzuwirken, sind Aufklärungskampagnen vonnöten, die über die Gefahren von Fake-News informieren und die Medienkompetenz der Bevölkerung fördern.

 

Tech-Unternehmen und geopolitische Interessen

Ein weiteres Problemfeld ist die Rolle großer Technologieunternehmen, insbesondere aus den USA. Viele dieser Unternehmen verfolgen wirtschaftliche Interessen, die auf Deregulierung im Bereich Datenschutz und IT-Sicherheit setzen. Bestes Beispiel ist Elon Musks Einflussnahme auf die Wahl zum deutschen Bundestag. Der Tech-Milliardär sprach sich mehrfach für EU-kritische Parteien aus. Ein Erstarken von EU-kritischen Parteien wird die schon jetzt diffizil zu erzeugende europäische Einigkeit weiter verkomplizieren, so dass tendenziell weniger gemeinsame EU-Standpunkte beschlossen werden können. Es sind Implikationen für die EU-weite Zusammenarbeit bzgl. Cybersecurity, Cyber-Ermittlungen oder gemeinsame Cybersecurity-Standards zu befürchten.

 

KI: Werkzeug zur Spaltung

Eine wachsende Herausforderung ist der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) zur Verbreitung von Fake-News. KI-gestützte Tools ermöglichen es staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, Desinformationskampagnen effizienter, automatisierter und schwerer erkennbar zu gestalten und vor allen Dingen durch KI-gesteuerte Fake-User, die Inhalte und Meinungen im Netz automatisch im Sinne der Angreifer propagieren. Deepfakes, gefälschte Texte und konstruierte Inhalte, und Antwortkommentare werden gezielt eingesetzt, um Wählerinnen und Wähler zu täuschen und demokratische Prozesse zu untergraben.

Vor allem die auf Social-Media-Plattformen generierten Userdaten können genutzt werden, um KI-Algorithmen zu trainieren, riesige Datenmengen zu analysieren, Trends zu erkennen und menschliches Verhalten nachzuahmen. Der Einsatz von KI-basierter Bots oder Deepfake-Technologien gestattet es Bedrohungsakteuren, den Cyberspace mit irreführenden Narrativen, erfundenen Geschichten und manipulierten Inhalten zu überfluten. Diese KI-erzeugten Unwahrheiten können auf bestimmte Bevölkerungsgruppen einwirken, bereits bestehende Vorurteile festigen, spaltende Themen verstärken und so den Wahlausgang beeinflussen.

Wie der AI Action Summit, der von 10. bis zum 11. Februar 2025 in Paris stattgefunden hat, gezeigt hat, sind einzelne Staaten zudem zögerlich, Regulierungen für eine nachhaltige und inklusive KI einzuführen, die auch KI-basierten Kampagnen zur Einflussnahme und Desinformation entgegenwirken würden.

 

Cybersicherheit und internationale Zusammenarbeit

Während die Stimmabgabe in Deutschland weiterhin auf Papier erfolgt und somit vor direkten Angriffen aus dem Cyberraum geschützt ist, bleibt Desinformation die größte Bedrohung für eine faire Wahl. Öffentliche Stellen sehen die Verbreitung von Fake News als zentrale Gefahr und fordern stärkere Maßnahmen zur Eindämmung. Eine koordinierte europäische Strategie gegen Desinformation und Cyberangriffe ist ein entscheidender Schritt, um demokratische Prozesse zu schützen und äußere Einflussnahme zu verhindern.

 

Was können wir tun?

Angesichts der aktuellen weltpolitischen Unsicherheiten ist nicht damit zu rechnen, dass die Gefahr von Desinformationskampagnen und manipulativer Einflussnahme in Zukunft sinkt. Auf nationaler und europäischer Ebene müssen daher Maßnahmen ergriffen werden, um für die Bedrohung zu sensibilisieren, Social-Media-Kanäle auf Falschinformationen zu prüfen und international geschlossen der Einflussnahme von außen entgegenzuwirken. Staatliche Einrichtungen und internationale Vereinigungen müssen zudem gemeinsame, aber auch eigene nationalstaatliche umfassende Cybersicherheitsstrategie erarbeiten, die das Risiko für erfolgreiche Eingriffe und Cyberattacken auf ein Minimum reduziert – mit Richtlinien wie NIS2 wurde für bestimmte KRITIS-Unternehmen und Einrichtungen bereits ein Grundstein gelegt. Regierungen und Behörden müssen IT-Security hohe Priorität einräumen, da sie nicht nur über die sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger verfügen, sondern letztlich auch den Auftrag haben, die Demokratie zu verteidigen.

#ArcticWolf