Interview mit Schneider Electric über Edge-Datacenter und deren Monitoring

Michel Arres, VP Secure Power DACH & Benelux bei Schneider Electric

Edge-Computing ist einer der entscheidenden globalen IT-Trends. Netzpalaver sprach mit Michel Arres, VP Secure Power DACH & Benelux bei Schneider Electric, darüber was sich hinter dem Trend Edge-Computing verbirgt, den Einsatzzweck der Datacenter am Rand des Netzwerks und vor allem wie sich die steigende Anzahl der Edge-Datacenter  zentral und einheitlich monitoren lassen.

 

Netzpalaver: Edge-Computing ist einer der entscheidenden globalen IT-Trends. Wie wichtig ist die Edge für den deutschen IT-Markt?

Michel Arres:  Auch wenn aktuelle Marktanalysen, wie der „State of the Edge Report 2020“, von einem beindruckenden Umsatzpotenzial von weltweit rund 700 Milliarden Dollar ausgehen, befindet sich die Technologie momentan noch am Anfang ihrer Entwicklung. Trotzdem kann die Edge wichtige Wachstumsimpulse geben, von denen auch deutsche IT- und Telekommunikationsanbieter profitieren können. Edge-Computing bildet schließlich die Grundlage für viele Schlüsseltechnologien wie 5G, IoT und autonomes Fahren. Künftige Weiterentwicklungen werden in den nächsten Jahren die Infrastruktur des Internets grundlegend verändern. Verzögerungen und Latenzen wie wir sie heute noch kennen, werden dann größtenteils verschwinden. Der Wandel von menschlicher Kommunikation zur Maschinenkommunikation wird somit nicht nur Produktionsabläufe revolutionieren, sondern auch die private Nutzung und Verarbeitung von Daten und digitalen Diensten nachhaltig beeinflussen.

 

Netzpalaver: Ausgereifte IT-Monitoring-Lösungen existieren bereits seit vielen Jahren. Warum ist die klassische Onpremise-DCIM-Lösung nicht mehr für Edge-Umgebungen geeignet?

Michel Arres: Grundsätzlich lassen sich Edge-Rechenzentren auch mit klassischen Stand-alone-DCIM-Lösungen überwachen und managen. Im Bereich größerer Regional-Edge-Standorte mit Leistungen von bis zu einem MW kann das auch durchaus noch sinnvoll sein. Bei typischen Installationsgrößen von 1 bis 4 Racks, und das verteilt über dutzende oder sogar hunderte Standorte, wäre der Aufwand für die Überwachungsinfrastruktur jedoch viel zu hoch. Außerdem würde sich so die Komplexität sprunghaft erhöhen, da klassische DCIM-Lösungen nicht auf extreme Skalierbarkeit ausgerichtet sind. Next-Gen-DCIM-Lösungen sind von ihrem Aufbau und Funktionsumfang her aber genau darauf ausgelegt und deshalb besser auf die Anforderungen von Edge-Standorten zugeschnitten.

  

Netzpalaver: Was zeichnet eine Next-Generation-DCIM-Lösung aus? 

Michel Arres: Die wichtigste Eigenschaft einer Datacenter-Management-as-a-Service-Lösung ist der Cloud-zentrische Ansatz. Dieser stellt eine schnelle und einfache Installation über ein leicht zu implementierendes Gateway sicher, garantiert aber gleichzeitig eine schnelle und kostengünstige Skalierbarkeit. Durch den Einsatz von Cloudplattformen ist es förmlich egal ob sie 10, 100 oder tausende Standorte überwachen. Und sie zahlen auch immer nur für die Installationen, die sie aktuell gerade benötigen. Moderne Remotemanagement-Lösungen auf Cloud-Basis sind zudem jederzeit im Stande mit der Anzahl der benötigten Standorte zu skalieren ohne das technische Hürden auftauchen und so zum Hemmfaktor werden. Allerdings bieten solche Lösungen nicht die gesamte Funktionstiefe einer Standalone-Lösung, aber das sollen sie auch gar nicht.

 

Netzpalaver: Was sind die wichtigsten Funktionen für die Überwachung von dezentralen Datacenter-Standorten?

Michel Arres: Natürlich stehen in erster Linie die Monitoring Grundfunktionen im Vordergrund. Der Status von USV, Klimatisierung und Zutrittskontrolle sollten in jedem Fall überwacht werden, und das unabhängig vom jeweiligen Hersteller der verschiedenen Infrastrukturkomponenten. Ein Feature, das in Zukunft entscheidend sein wird, ist der Einsatz von KI und Big-Data. Durch die anonymisierte Auswertung von Millionen von Verlaufsdaten von Datacentern ähnlicher Größe lassen sich wertvolle Hinweise zu versteckten Optimierungspotenzialen gewinnen. Daten, die auch langfristig dazu beitragen Kosten zu senken und Ausfälle zu verhindern.

 

Netzpalaver: Worauf sollten Betreiber vor der Einführung einer DCIM-Lösung für dezentrale RZ-Architekturen besonders beachten?

Michel Arres: Wie jede Software-Suite für Unternehmen, erfordert auch eine DCIM-Implementierung organisatorisches Engagement, Wartungsaufwand und eine kontinuierliche Softwarepflege. Um Operations und Management sicherzustellen, müssen die verteilten Serverstrukturen stärker in die IT-Organisation integriert werden. Die O&M-Anforderungen von Next-Gen-DCIM-Lösungen sind allerdings geringer als bei klassischen DCIM-Lösungen. Zu den wichtigsten DCIM-bezogenen Prozessen, die im bestehenden IT- oder Anlagen-O&M-Programm für alle zu überwachenden Standorte berücksichtigt werden müssen, zählt die Konfiguration von Netzwerkeinstellungen für Geräte, die hinzugefügt oder ersetzt werden sowie die Bestätigung, dass die Netzwerkkommunikation eingerichtet wurde. Zudem muss die Firmware aller Geräte regelmäßig geprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Auch die korrekte Einstellung von Alarm-Schwellenwerten und Benachrichtigungsrichtlinien ist für den Einsatz einer DCIM-Lösung essenziell. Ist die Lösung schließlich aktiv, müssen aufgelaufene Alarme und Statusmeldungen regelmäßig eingesehen und auf ihre Relevanz überprüft werden. Moderne DMaaS-Lösungen sind auch hier im Vorteil, weil sie die Meldungen mit KI-Unterstützung automatisiert nach Relevanz vorsortieren und bündeln können und somit den Zeitaufwand zur Auswertung der Alarme enorm reduzieren.

 

Netzpalaver: Welche Voraussetzungen sollte ein Edge-Rechenzentrum erfüllen?

Michel Arres: Ein Edge-Rechenzentrum sollte möglichst nah an den Daten errichtet werden, die es verarbeiten muss. Das bedeutet beispielsweise, dass Systeme, die für die Steuerung von zeitkritischen Produktionsprozessen erforderlich sind, im besten Fall direkt in der Produktionshalle stehen, um Datenverbindungen und damit Latenzen möglichst kurz zu halten.

Solche Standorte bieten aber meist keine optimalen Bedingungen für den Betrieb und Schutz von IT-Systemen. Deshalb müssen Edge-Installationen auf spezielle Infrastrukturkomponenten zurückgreifen, die zugleich kompakt und besonders widerstandsfähig sind. Dazu zählen neben Wandgehäusen auch besonders stabile Racks mit physikalischem Zugangsschutz. Platzsparende In-Rack-Kühlsysteme sowie moderne USV-Anlagen mit Lithium-Ionen-Technik helfen, die IT-Systeme in unklimatisierten Räumlichkeiten ohne zusätzlich benötigte Standfläche zu kühlen und vor Spannungsspitzen und Stromausfällen zu schützen.

Kombiniert mit einer bereits erwähnten DMaaS-Lösung zur Überwachung kann ein Edge-Rechenzentrum so in fast jeder Umgebung, die über eine Stromversorgung und Netzwerkanbindung verfügt, sicher betrieben werden. Dies kann je nach Anwendung beispielsweise auch ein sonst anderweitig genutzter Keller- oder Abstellraum sein.

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