SD-WAN verspricht die Agilität und Flexibilität zu erhöhen, die Kosten zu senken und somit die digitale Transformation der Unternehmen zu erleichtern.
Die digitale Transformation bedeutet zuerst einmal für jedes Unternehmen eine gehörige Veränderung – Veränderung im Bereich der IT, der Netzwerke, der Geschäftsabläufe und der Geschäftsmodelle. Aus diesem Grund werden zukünftig agile, flexible Business-Continuity-Lösungen in den Netzwerken benötigt. Die Unternehmen, die digitale Transformationsprojekte durchlaufen, haben das Ziel mittel und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine der Voraussetzung hierfür ist, dass die Netzwerke flexibler agieren, schneller auf Veränderungen reagieren und die erforderliche Leistung schnell bereitstellen.
Traditionelle Netzwerklösungen
Traditionell wird in den Netzwerken der gesamte Verkehr gleich behandelt. Auf Basis von MPLS (Multiprotocol-Label-Switching) und QoS (Quality of Service) kann eine vorrangige Verkehrsübermittlung einzelner Datenströme realisiert werden. Dies wird durch die Markierung der betreffenden Verkehre und eine entsprechende Vorzugsbehandlung in den Koppelkomponenten erreicht. Diese Kombination der Mechanismen sorgt dafür, dass die Anwendung in Echtzeit übermittelt werden können.
In den Unternehmen wurde in den vergangenen 10 Jahren die MPLS-Technik (besonders im WAN-Bereich) ausgerollt. Die Kosten für den Betrieb von MPLS-Netzen übersteigen jedoch die Kosten für klassische Internet-Verbindungen. Das Internet stellt zwar eine kostengünstige Alternative dar, aber liefert nicht immer die gewünschte Leistung. Wie wäre es, die beiden Welten miteinander zu kombinieren und dadurch Möglichkeiten bereitzustellen, die für eine Weiterleitung der Verkehre in Echtzeit sorgen? Die neuen Funktionen des Software-definierten WAN (SD-WAN) ist ein Kandidat mit diesen Fähigkeiten.
Was ist ein SD-WAN?
SD-WAN berücksichtig bei der Leitung der Verkehrsströme die individuellen Anwendungs- und WAN-Verkehrsprofile und sorgt darüber hinaus für eine bessere Kosten-Nutzen-Lösung. Das SD-WAN-Konzept besteht darin, dass mindestens zwei oder mehr WAN-Verbindungen (Hybrid-WAN) in jeder Zweigstelle/Niederlassung zur Verfügung stehen. SD-WAN ist eine aktiv/aktiv Netzwerkkonfiguration, die folgende Funktionen bereitstellt:
- Eine zentrale Steuerung der Verkehrsströme in Kombination mit applikationsbasierten Entscheidungen,
- Anwendungsanalyse und Netzwerktransparenz,
- gesicherte Verbindungen sowie
- einen SD-WAN-Forwarder, welcher wie eine Art von Mehrfachverbindungs-Router agiert.
Warum SD-WAN?
Die große Frage lautet: „Was ist mit den derzeitigen WAN-Verbindungen problematisch?“ Laut einer Umfrage von Silver Peak und IDG von 160 mittelständischen Unternehmen wurden im WAN folgende Aspekte bemängelt:
- 38 Prozent der Befragten nannten die relativ hohen Kosten als Problem,
- 14 Prozent berichten über den Mangel an direkten Verbindungen zu Cloud- und SaaS-Anwendungen,
- 13 Prozent gaben an, dass die viele Zeit, die zum Konfigurieren notwendig ist und die unzuverlässigen Leistungen immer wieder zu Frustrationen führen und
- lange Vertragslaufzeiten und zu viel Infrastruktur in den Filialen wurden von 11 Prozent der Befragten genannt.
SD-WAN-Fähigkeiten
Die SD-WAN-Technologie bietet gegenüber herkömmlichen WAN-Verbindungen eine Reihe von Vorteilen:
- Verfügt ein Unternehmen über Internet- und MPLS-Verbindungen, dann kann das Internet alternativ oder parallel zum MPLS genutzt werden.
- Das Unternehmen kann Verbindungen zu mehreren Providern realisieren. Dadurch kann ein Unternehmen problemlos die Provider wechseln bzw. bündeln oder MPLS-Verbindungen durch Breitband ersetzen.
- Änderungen der Verbindungen zu Niederlassungen bzw. die dort bereitgestellten Übertragungskapazitäten lassen sich wesentlich schneller und preiswerter anpassen.
- Die Leistung der Verbindungen kann problemlos erhöht und dadurch Engpässe schneller gelöst werden.
- SD-WAN bietet darüber hinaus eine größere Transparenz und Kontrolle der Netzwerke.
- SD-WAN trägt zur Reduzierung der Gesamtbetriebskosten bei.
Einsatzbereiche von SD-WAN
Es gibt drei Konfigurationsoptionen für die Bereitstellung einer SD-WAN-Architektur:
- Lösung vor Ort (On-Premises): Bei dieser Lösung verfügt das Unternehmen über keine Cloud-basierten Anwendungen. Am Standort wird jedoch ein SD-WAN-Router betrieben. Wahrscheinlich nutzt das Unternehmen MPLS zur Übermittlung der Echtzeitverkehre und das Internet für die Übertragung aller anderen Verkehre. Dieses Modell sorgt für niedrige Kosten, eine Lastenverteilung, ein Traffic-Shaping und erhöht die Verfügbarkeit.
- Cloud-fähige Lösung: Das Unternehmen verfügt immer noch über einen SD-WAN-Router, der als Gateway zur Cloud fungiert. Hierbei werden die Vorteile der lokalen Architektur mit der höheren Leistung und Zuverlässigkeit der Cloud-Anwendungen kombiniert. Diese Lösung funktioniert am besten, wenn das Unternehmen eine Reihe von Cloud-Anwendungen nutzt. Zu den Vorteilen zählen eine verbesserte Leistung, eine höhere Zuverlässigkeit, ein Traffic-Shaping und die verbesserte Business-Continuity.
- Cloud-fähige Lösung mit einem Backbone: Das Unternehmen verfügt über einen lokalen SD-WAN-Router, der mit dem nächstgelegenen Netzwerk-Standort des SD-WAN-Providers verbunden ist. Der gesamte Datenverkehr wird über das WAN des Anbieters übermittelt. Dieses agiert als privater Netzwerk-Backbone. Dadurch wird der Durchsatz des Echtzeitverkehrs (beispielsweise Sprach-, Video- und virtuelle Desktop-Operationen) verbessert. Der Hauptvorteil dieser Lösung besteht darin, dass der gesamte Datenverkehr über den privaten Backbone übertragen wird, was zu einer erheblichen Verbesserung der Leistung, Zuverlässigkeit, Lastverteilung, Traffic-Shaping und Business-Continuity führt.
SD-WAN in der Praxis
In der Regel verfügen Niederlassungen nur über eine moderate Anschlussbandbreite, eine mittelprächtige Infrastruktur und meist nur über eine Verbindung zum Netzwerk. Durch die zunehmender Verbreitung von Cloud-Diensten muss die Niederlassung in der Lage sein, jeden Verkehrstyp selektiv weiterzuleiten.
Aus diesem Grund sollte jede Niederlassung standardmäßig mit mindestens zwei oder mehr Zugängen – zur Übermittlung der Datenverkehre und zur Aufrechterhaltung der Geschäftskontinuität – ausgerüstet sein. Verfügt eine Zweigstelle über zwei Anbindungen zu zwei verschiedene Internet Providern, so kann das Unternehmen die angebotenen Leistungen überprüfen und immer den Provider nutzen, der die beste Leistung bereitstellt.
Die meisten Unternehmen nutzen traditionell immer nur einen Carrier. Über die Carrier-Verbindung erfolgt der Transport sowohl des öffentlichen als auch des privaten Verkehrs. Es gibt inzwischen jedoch eine Reihe von Anbietern, die keine Carrier sind, aber dennoch SD-WAN-Lösungen anbieten. Will ein Unternehmen mit verteilten Netzstrukturen die Nutzung von MPLS reduzieren, sind die Anbieter aus dem Non-Carrier-Bereich unter Umständen die bessere Wahl, da diese tendenziell kostengünstigere Optionen bereitstellen. Die Unternehmen können auch die Carrier-neutralen Colocation-Lösung nutzen. Diese sorgt nicht nur für geringere Betriebskosten, sondern stellt auf flexible Kapazitäten bereit und agiert als Alternative zu MPLS und VPLS. Die SD-WAN-Router stellen darüber hinaus auch noch granulare Überwachungsinformationen (Messung der Pfade und anderer Performance-Metriken) und detaillierte Anwendungs- und Endbenutzerstatistiken bereit.
Wahl des SD-WAN-Providers
Die Auswahl eines SD-WAN-Anbieters sollte man immer als strategische – und nicht nur für eine taktische Maßnahme begreifen. Hierbei sollten die folgenden Punkte beachtet werden:
- Der wichtigste Faktor ist die Netzabdeckung. Wenn Sie nicht alle Niederlassungen des Unternehmens von einem Carrier oder Provider angeschlossen werden können, wird die Lösung fragmentiert und ist daher schwer zu verwalten.
- Das Portfolio von Diensten und die Transportvarianten (MPLS, Metro-Ethernet, Breitband und LTE), die im SD-WAN-Bereich angeboten werden, unterscheiden sich je nach Anbieter und müssen daher individuell ausgewählt werden. Der Anbieter sollte darüber hinaus eine Reihe von Überwachungs- und Verwaltungstools bereitstellen, auf die das IT-Personal des Kunden zugreifen kann, um die Transparenz der Verbindungen und die Kontrolle der Dienste gewährleisten zu können.
- Auf der angebotenen SD-WAN-Architektur sollte die geschäftlichen Anforderungen und Ziele des eigenen Unternehmens abbildbar sein. Die angebotene Plattform sollte eine hohe Flexibilität und Agilität bieten. Die benötigten Übertragungskapazitäten sollten problemlos nach oben als auch nach unten skalierbar sein.
- Die Marketingabteilung vieler Anbieter produzieren attraktive Websites, Broschüren und bieten Webinare an. Dies bedeutet jedoch nicht, dass beim betreffenden Anbieter auch das für die Realisierung und den Betrieb der geplanten Lösung das notwendige technische Fachwissen vorhanden ist. Man sollte sich nicht so sehr auf die Inhalte der Marketinginformationen verlassen, sondern prüfen, ob der Anbieter bereits entsprechende Projekte realisiert hat und welche Erfahrungen der betreffende Kunde gemacht hat.
- Den Service-Level-Agreements (SLAs) kommt – wie bei allen Outsourcing-Projekten – ein hoher Stellenwert zu. Die vom Anbieter bereitgestellten Dienste und Leistungen müssen im Detail geprüft werden. Es geht in erster Linie nicht um hohe Strafzahlungen (bei nicht eingehaltenem Versprechen), sondern um eine gute Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum. Ein guter SLA-Vertrag sollte nach dessen Ratifizierung niemals mehr konsultiert werden müssen, weil das Projekt wie geplant läuft.
Da es sich bei SD-WAN um eine neue Technologie bzw. eine neue Implementierung eines Services handelt, empfiehlt es sich die hierfür notwendigen Mechanismen (beispielsweise die Sicherheit, die Überwachung/das Management, die Redundanz) auf Herz und Nieren – über einen längeren Zeitraum hinweg – getestet werden. Dadurch gewinnt man im täglichen Betrieb die notwendigen Erfahrungen und vermeidet unerwartete Störungen.
#Netzpalaver