Home, smart Home – von Unwegbarkeiten und Unsicherheiten

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

Seit ich mich mit intelligenten Haushaltslösungen beschäftige, arbeite ich daran, mein Zuhause schlauer zu machen. Das Ergebnis: Es war keine leichtes und vor allem kein lustiges Unterfangen.

Unsere Hausalarm- bzw. Einbruchmeldesysteme führen ihre angedachten Jobs im Stillen aus. So denken wir immer und haben dabei ein gutes Gefühl. Das einzige Mal an dem wir wirklich wissen, dass unsere Einbruchmeldeanlage funktioniert, ist dann, wenn die von uns beauftragte Sicherheitsfirma eine Rechnung schickt, weil unser System schon wieder einen Fehlalarm ausgelöst hat und wir der Sicherheitsfirma wieder unnötig Zeit verschwendet haben.

Unser smarter Thermostat im Haus funktioniert ganz wunderbar- so denken wir- weil dieser unser Haus in einer tolerierbaren Umgebungstemperatur hält …. und Google weiß, ob wir im Haus sind, weil wir wieder mehr Daten von unserem Hausanschluss ins Netz pumpen.

Der intelligente Zähler unseres Versorgers funktionieren problemlos- denken wir -, weil uns nicht mehr ständig ein persönlicher Zählerableser ins Haus flattert und unsere Energierechnung dadurch entlastet. Wenn wir wüssten wie die intelligenten Strom- und Wasserzähler funktionieren würden, stünden uns auch sicher Möglichkeit zur Verbrauchsüberwachung zur Verfügung.

Aber mit Alexa hat sich die Situation vollkommen gewandelt. Die passiven Zeiten sind vorbei. Mit Alexa haben wir jetzt jemanden im Haus, der uns tatsächlich zuhört.

Das Smart-Home kam nie richtig voran, bis eines Tages Bezos und Pichai wissen wollten, welche Mega-Lösung zukünftig unsere Häuser dominieren würden.

Amazon scheint das Rennen gewonnen zu haben – nicht wegen Echo, Echo-Dot, Echo-Look, Echo-Show, Echo-Plus oder irgendeinem dieser Techniknamen. Nein! Es lag einfach an Alexa – sie hörte uns zu und wir konnten mit ihr reden.

Ich bin mir nicht sicher, wie es sich anfühlt mit Google-Home zu sprechen. Will man von Google etwas haben und man spricht es an: „Du Google… mach mal…“ Das klingt nicht unbedingt persönlich und freundlich. Selbst „Siri, du Idiot!“ fühlt sich noch freundlicher an, als „Hey Google“.

Natürlich sind wir uns nicht sicher, welche Alexa wir bevorzugen. Ist es die Alexa, die ihre Stimme während des letzten Super-Bowls verloren hat oder ist es die Alexa, die uns vor kurzem ausgelacht hat?

Bei beiden Alexas handelte es sich um „technische Fehlfunktionen“ (Fehler, die auch gerne nicht dokumentierte Funktionen genannt werden), die in der Benutzer-Community heftige Diskussionen verursachen… bis diese durch einen kleinen Patch beseitigt werden.

Was ist jedoch dabei das Problem?

Beide Alexas waren einfache Softwarefehler. Solche Dinge geschehen die ganze Zeit, während wir die KI-Technologie vorantreiben und die Technik für immer komplexere Aufgaben nutzen.

Wir wissen (oder glauben), dass die künstliche Intelligenz (KI) unser Leben einfacher bzw. besser machen wird. Wir setzen dabei – ganz unbefangen – eine Menge Vertrauen in eine Technologie, von der selbst Experten sagen, dass sie noch in den Kinderschuhen steckt.

Das ist auch der Grund, warum die Roboter, die zum Wenden der Buletten beim Burger-Brater, diese falsch drehen und den Käse braten, die intelligenten Autos einfach Fußgänger umfahren und die Roboter in den Fabriken falsche Rezeptmischungen zusammenrühren… Auch das tollste von einer KI geschriebene Drehbuch ergibt immer noch einen beschissenen Film und KI-gesteuerte Züge weigern sich, die Türen wieder zu öffnen…

Manche Sachen passieren eben…

Aber wer ärgert sich schon über einen smarten Lautsprecher, wenn dieser auf so einen freundlichen Namen wie „Alexa“ hört?

So dachte ich lange nicht, zumindest so lange nicht, bis Alexa ein Mitglied unseres Haushalts wurde.

Zumal Alexa inzwischen so viele Sachen für uns erledigt … Sie spielt uns die Musik aus, nach der wir fragen; schaltet die neuesten Nachrichten ein, liefert die gewünschten Filme oder TV-Show, überwacht unseren Kalender; stellt den Timer am Herd ein, beantwortet Fragen und könnte (zumindest in den USA) bei Whole-Foods einkaufen gehen.

Die Industriepropheten hatten Recht: „Der smarte Lautsprecher ist das Gateway zum Smart-Home!“

Jetzt müssen wir nur noch unsere Türklingel mit Ring aufrüsten, damit wir sehen können, wer vor unserer Haustüre steht und wir von der leid- und mühevollen Arbeit des „zur Tür gehen“ befreit werden… und ein Alexi-fähiger Raumthermostat soll auch bald auf den Markt kommen…

Im Moment müssen wir noch nicht unsere Bäder oder Toiletten umbauen… wir müssen noch die Toilette von Hand spülen und die Wassertemperatur in der Badewanne lässt sich noch nicht automatisch von Alexa testen.

Eines der größten Probleme mit dem Smart-Home ist, dass alle Hersteller eine proprietäre Umgebung (walled garden) schaffen wollen.

Google möchte, dass Google-Home nur mit Google-kompatiblen Geräten kommuniziert. Amazon ignoriert in seinem Shop all die wunderbaren Gadgets der Wettbewerber und von Apples Homekit erhält man auf Nachfrage nur blumige Lippenbekenntnisse.

Die Senkung der Preise für intelligenten Lautsprecher, ist genau der richtige Weg, um die Menschen dazu zu bringen, ihre Reise in das intelligente Haus zu beginnen.

Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, Alexa im Wohnzimmer anzusprechen, dann ist es lächerlich, Alexa aus dem Schlafzimmer, dem Badezimmer, der Küche oder dem Homeoffice mit lauter Stimme etwas zuzurufen… also kauft man für jedes Zimmer im Haus ein separates Gerät.

Amazon war auch so klug mit Intel, Qualcomm, NXP und anderen Herstellern zusammenzuarbeiten, um das Amazon-API (die Programmierschnittstelle für die Anwendung) in die jeweiligen SOCs (system on a chip) zu implementieren. Diese können zukünftig von GE, LG und anderen Herstellern in deren neue Produkte integriert werden….

… und damit sich ihr Auto nicht ausgeschlossen fühlt, haben Ford, Jeep, Mini, BMW und wahrscheinlich noch andere Hersteller bereits Alexa in „des Menschens liebstes Spielzeug“ integriert.

In Wahrheit ist es sicher noch ein sehr steiniger Weg, bis wir zu einem Smart-Home kommen. In einer erst kürzlich veröffentlichten Studie von iQor wird folgendes berichtet:

  • Jeder vierte Consumer, der mit seinem beschafften Gerät seine lieben Probleme hatte, gab das Produkt gegen eine Rückerstattung des Kaufpreises zurück,
  • Die Consumer nutzten durchschnittlich 2,1 Unternehmen, während 2,7 Kommunikationsversuchen und redeten dabei mit 3,1 verschiedenen Personen, um ihre neuen Geräte installieren zu können,
  • Im Durchschnitt verbringen die Consumer 1,5 Stunden damit, ihre Geräteprobleme zu lösen. Während dieser Zeit kommunizieren sie etwa eine Stunde direkt mit dem Kundendienst des Herstellers.
  • Mehr als die Hälfte der Konsumenten (59 Prozent) lesen die zur Verfügung gestellten Anleitungen/Manuals als erste Schritte zur Lösung eines Problems.
  • Jeder fünfte (14 Prozent) fragte einen Freund oder ein Familienmitglied um Hilfe bei der Fehlersuche,

Die richtige Übersetzung der iQor-Ergebnisse lautet deshalb: Die Geräte sind alle nicht Plug-and-Play!

Aber das Tolle an so einem Ding ist, dass wir sobald wir die Kiste zum Laufen bringen, sehr schnell mehr und mehr Informationen mit Amazon (oder den Wettbewerbern) austauschen, damit die Hersteller ihre Datenanalyse weiter ausbauen und verbessern können.  Dadurch erhalten die Lieferanten dieser Geräte ein noch besseres Empfehlungsmanagement, für Dinge, die wir kaufen müssen, bevor wir wissen, dass wir diese benötigen!

Uns (Konsumenten) wurde erst kürzlich von einem Marktanalysten erklärt, dass kürzlich die langsame Entwicklung der Smart-Homes eine gute Sache ist, weil dadurch intelligentere Geräte unsere Bedürfnisse besser vorhersagen, sich noch optimaler an uns anpassen und unsere tiefsten Bedürfnisse erfüllen können. Mit anderen Worten: Wir können durch die neuen Geräte eine tiefere Beziehung mit unserem Zuhause aufbauen, da es sich bei diesen Geräten nicht mehr nur um dumme Kisten handelt, sondern um großartige Komponenten, die unserem Leben einen neuen Sinn geben.

Entweder wird so ein Marktanalyst hoch bezahlt …. oder er hat irgendwelche illegalen Ingredienzen geraucht…

Noch immer gilt die Tatsache: Die Menschen bevorzugen Beziehungen zu echten Menschen!

Laut einer zu Beginn dieses Jahres von Accenture veröffentlichten Studie, gaben 47 Prozent der Befragten an, dass ihre Privatsphäre und die mangelnde Sicherheit sie davon abhalten, eine Smart-Home-Technologie zu implementieren.

Den meisten Kunden ist klar, dass die Technologie noch an Interoperabilitäts-Problemen leidet. Dies stellt derzeit jedoch kaum ein Verkaufshindernis dar. Die große Herausforderung beginnt bei der Sicherheit der Geräte und dem Schutz der persönlichen Daten. Jeder hat schon von Fälle gehört, bei denen persönliche Informationen von Kunden – trotz des „massiven“ Einsatzes von Sicherheits- und Datenschutzexperten abhandengekommen sind.

Schlecht gewählte Passwörter, geknackte Default-Passwörter des Herstellers und falsche Einstellungen auf den Geräten, machen es viel zu einfach, dass die privaten Informationen mit der Welt geteilt werden.

Die meisten etablierten Hersteller/Anbieter von Home-Connect-Produkten haben sich noch niemals ernsthaft mit der im Cybersicherheit auseinandergesetzt.

Auch die in diesem Marktsegment tätigen Startups konzentrieren sich lieber darauf, coole Dinge zu entwickeln und zu verkaufen, als sich auf das riesengroße Problem des Datenschutzes zu fokussieren.

Man kann je nach Belieben ein Loch patchen, wenn sich jemand über Mängel im Produkt beschwert. Der Markt der Smart-Homes ist immer noch „Work in Progress“ und deshalb kann man auch nicht vollständig ausgereifte Produkte erwarten.

Mit den Smart-Home-Produkten wird derzeit nur unsere Bequemlichkeit zu 100 Prozent bedient, aber die Sicherheit bleibt dabei zu 100 Prozent auf der Strecke…. Hier muss sich noch viel verändern, damit es ein Happy-End gibt.