Wie sehen die Clouds in fünf Jahren aus?

Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur
Mathias Hein, Consultant, Buchautor, Redakteur

In fünf Jahren werden wir die dritte Phase der Clouds umgesetzt haben und verändern damit grundlegend die Art und Weise wie wir unsere Daten nutzen.

Die meisten Technologien durchleben genau definierte Phasen: Zuerst werden von den jeweiligen Vertriebs- und Marketingabteilungen unrealistisch hohe Erwartungen geschürt. Die Umsätze steigen jedoch nur langsam an und aufgrund der vorangegangenen Kosten für die Produktentwicklung und der anhaltenden Kommunikationsausgaben werden noch keine Gewinne erzielt. In dieser Phase entscheidet sich, ob der Markt das Produkt überhaupt annimmt. Mit Beginn der Wachstumsphase werden erstmals Gewinne erzielt, obwohl die Ausgaben für Werbung und Kommunikation anhaltend hoch sind. Diese Phase ist durch starkes Wachstum gekennzeichnet, das durch Werbung beschleunigt wird.

Die Reifephase ist meist die längste Marktphase. Diese Phase ist die profitabelste. Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz sinken zum Ende der Phase die Gewinne.

Mit der Einführung der Clouds wurde der übliche Produktzyklus durchbrochen. Cloud-Services gehören heute zu den allgegenwärtig Funktionsbereichen in der IT. Man muss inzwischen bereits länger suchen, bis man ein Unternehmen findet, welches nicht mindestens ein Stückchen Cloud nutzt. In vielen Unternehmen wurden bereits Richtlinien erlassen die besagen, dass die Cloud-Services (soweit verfügbar) bevorzugt zu nutzen sind. In die Praxis umgesetzt heißt dies: Der Cloud-Markt befindet sich bereits in der Reifephase und ist gerade dabei ganze Produkt- und Funktionsweisen vollständig zu ersetzen.

Als Henry Ford im Jahr 1908 sein Modell T einführte, verstand er wahrscheinlich nicht den vollen Umfang der von ihm eingeleiteten Ereignisse. Im Jahr 1914 hatten die Ford-Innovationen dazu geführt, dass die Montagezeiten von 12 Stunden auf weniger als zweieinhalb Stunden reduziert werden konnten. Dies wirkte sich drastisch auf den Verkaufspreis eines Automobils aus. Die von Henry Ford eingeleiteten Innovationen legten die Grundlage für den Verkauf von mehr als 15 Millionen Ford T-Modelle und sorgte für eine nachhaltige Veränderung der gesamten Automobilindustrie.

Bei den Clouds sehen wir allerdings momentan nur die Spitze des Eisbergs. Viele Möglichkeiten der Clouds bleiben noch immer unter der Wasserlinie verbogen. Aus meiner Sicht wird der Cloud-Markt drei Phasen durchlaufen und unsere Arbeits- und Nutzungsweise dadurch grundsätzlich verändern.

Cloud-Phase 1: Effizienz und Kosten

Die erste Phase in jedem Technologie-Zyklus besteht darin, den potenziellen Kunden zu erklären, was das Neue an der Sache ist, obwohl es aussieht wie die alte Lösung – eben nur billiger und effizienter. Jedes Produkt, das vom Kunden als neuartig wahrgenommen wird, ist eine Produktinnovation. Unter Marktinnovation versteht man, dass ein entsprechendes Angebot erstmals am Markt verfügbar ist. Bei der Produktinnovation handelt es sich um ein vermarktungsfähiges Produkt/Angebot, welches am Markt absolut oder relativ neu ist.

Diese Phase durchliefen wir, als wir die Mainframe-Bildschirme durch PCs ersetzt haben. Die Entwicklung ging jedoch noch weiter und wir installierten Großrechner-Emulatoren auf den PCs, damit wir problemlos weiter arbeiten konnten. Später migrierten wir zu Windows und nutzten die DOS-Shells, um unsere alten Anwendungen weiter nutzen zu können.

In der Telefoniewelt ersetzten die IP-Telefonanlagen die ISDN-Geräte. Bei diesem Übergang veränderte sich die Systemarchitektur jedoch nicht. Der Informationstransport wurde effizienter und die Integration der Telefonie in IP-Netzwerke war preiswerter als zwei parallele Netzwerke zu betreiben. Die Industrie hat jedoch enorme Zeit und Energie aufgebracht, um die neue Technologie auszusehen zu lassen wie die alten ISDN-Systeme.

Durch die Verlagerung der IP-Telefonanlagen in die Cloud wurde der Grundstein für die ersten UCaaS-Angebote gelegt. Cloud-UC lässt sich einfacher und meist auch günstiger betreiben, aber unterscheidet sich von der Architektur her noch wenig von den klassischen „On-Premesis-Lösungen“.

Cloud-Phase 2: Mobilität

Einer der wesentlichen Vorteile des Cloud-Modells gegenüber den herkömmlichen Computern besteht darin, dass die lokale Speicherung der Daten entfällt. Am Thema „Mobilität“ bzw. der Portabilität der Daten lässt sich der Unterschied am besten erklären. Geht ein Mitarbeiter auf eine Dienstreise, dann ist er in der Regel von seinen Daten abgehängt. Daher müssen die notwendigen Anwendungen und die zu bearbeiteten Daten auf den lokalen Festplatten seines Computers oder zumindest auf einem USB-Stick zur Verfügung stehen. Oftmals wurden deshalb die notwendigen Daten vom Nutzer per E-Mail an sich selbst geschickt. Der Mitarbeiter musste auch sicherstellen, dass er über alle wichtigen Kontakte auf seinem Telefon verfügte, da das Telefon im Büro und sein Mobiltelefon keine Synchronisierung durchführte.

Sind wir inzwischen flexibler geworden? Ja! Begeben wir uns mit unserem Tablet-Rechner auf eine Dienstreise, dann ziehen wir uns die neuesten Firmendaten auf unser Gerät oder nutzen gleich die Cloud-Ressourcen unseres Unternehmens. Lassen wir unser iPhone aus Versehen in einem Taxi liegen, dann geht die Welt nicht mehr unter. Wir synchronisieren einfach ein neues Gerät mit der iCloud und schon können wir unsere Daten wieder nutzen. Soll ein Kollege auf der anderen Seite der Welt eine gerade erstellte Power-Point-Präsentation Korrektur lesen und kann diese aufgrund der Größe nicht per E-Mail versendet werden, dann speichert man das File in Office-365 und teilt den Link einfach mit dem Kollegen. Durch die Wolke wird erstmals eine umfassende Mobilität realisiert und wir können sämtliche Arbeiten zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort ausführen.

Cloud-Phase 3: Kontextbezogene Services

Die dritte Cloud-Phase wird die Art und Weise, wie wir mit Inhalten und Dienstleistungen interagieren, grundlegend verändern. In den ersten beiden Cloud-Phasen gingen alle Aktionen immer vom jeweiligen Nutzer aus. Dieser musste die jeweiligen Maßnahmen ergreifen und sich die Daten und Inhalte aktiv beschaffen. In der dritten Cloud-Phase sollte dies automatisch erfolgen.

Ich plane eine Dienstreise mit dem Flugzeug. Von meinem Reisebüro erhalte ich per E-Mail alle meine Reisedaten. Diese Daten werden von meinem Rechner automatisch in meinen Kalender weitergeleitet. Ich nutze auf meinem Smartphone ein GPS-gestütztes Navigationssystem. Diese Anwendung lässt mir an meinem Reisetag folgende Nachricht zukommen: „Auf der Grundlage der aktuellen Verkehrssituation sollten Sie sich jetzt zum Flughafen aufmachen.“ Der Nutzer muss sich die benötigten Informationen (Zieladresse, Adresse Flughafen, Reiseroute, usw.) nicht mehr aktiv beschaffen, sondern die App stellt die kontextbezogene Daten bereit.

Wendet man diese Möglichkeiten in einem Geschäftskontext an, dann werden die Mitarbeiter dadurch schneller und umfassender informiert. Denkt man zusätzlich noch an die Möglichkeiten der lernenden Maschinen dann verändert sich das gesamte Spiel. Sucht man nach einem passenden Projektteam? Auf Basis von künstlicher Intelligenz kann ein Bot alle Informationen eines Unternehmens in Bezug auf das betreffende Thema scannen und anschließend das beste Team (auf Basis der Managementfähigkeiten, der Persönlichkeitstypen und anderen Kriterien) zur Aufgabenlösung festlegen. Die Cloud stellt momentan den einzigen Weg dar, um eine kontextuelle Kommunikation zu realisieren. Nur die Cloud ist extrem skalierbar, elastisch ist und in der Lage, schnell Terabyte an Daten zu durchsuchen.

Doch der Weg dorthin stellt noch einige Herausforderung dar und wirft eine Reihe an interessanten Fragen auf, die heute noch nicht abschließend beantwortet werden können.