Datenschutz als Wettbewerbsvorteil?

internet-1971623_1920Facebook, Yahoo oder Google – diese Unternehmen sind ja mittlerweile bestens dafür bekannt, dass sie ausgiebig Nutzerdaten sammeln und verwerten. Doch es sind nicht nur die bekannten Größen, die in den Besitz möglichst vieler Daten gelangen wollen. Im Prinzip ist es das Ziel eines jeden Unternehmens, dem sich aufgrund von Kundenkontakten die Möglichkeit dazu bietet. Denn, so lautet die gängige Argumentation, nur aus einer genügend großen Masse an Daten kann der zukünftige Bedarf des Einzelnen eruiert oder neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Richtig verdenken lässt sich die Haltung der hier Verantwortlichen keinesfalls, denn im Prinzip resultiert diese aus einer Anpassung an herrschende Marktgegebenheiten – per se gefördert und finanziert werden in erster Linie Unternehmen, deren Geschäftsgrundlage auf der bestmöglichen Verwertung von Daten basiert.

Kein Wunder also, dass seitens der Bevölkerung der Ruf nach einem umfassenden Datenschutz immer lauter wird, denn natürlich möchte ein Jeder persönliche Informationen, etwa über seine Lebensumstände, für sich behalten und auch geschützt wissen. Dabei verhalten sich die Konsumenten allerdings paradox – auf der einen Seite gegeben sie (fast) alles aus ihrem Privatleben in den sozialen Netzwerken preis oder gehen beim Online-Shopping bewusst Risiken ein, weil sie verlangen, dass der Kaufvorgang so einfach und komfortabel als möglich gestaltet ist, auf der anderen Seite sollen ihre Daten jedoch nicht ohne ihr Einverständnis oder gar missbräuchlich verwendet werden. So belegen Untersuchungen, dass die ausufernde Datennutzung immer öfter seitens der Nutzer infrage gestellt wird – zunehmend bewerten sie das Verhalten der Unternehmen sogar schlicht als unehrlich. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Verbraucherstudie „Big Data & Trust Consumer Survey“ der Boston Consulting Group (BCG) http://bcg.com, für die 8.000 Konsumenten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den USA befragt wurden. Übrigens: Größer als in Deutschland (51 Prozent) ist das Misstrauen unter französischen Verbrauchern, von denen 62 Prozent Datenmissbrauch befürchten – gefolgt von Spanien (57 Prozent) und Großbritannien (53 Prozent). Bedeutet im Klartext: Unternehmen werden quasi – nicht nur moralisch – in die Pflicht genommen, die Daten angemessen zu behandeln und zu schützen.

Helfen Gesetze in der digitalen Welt?

Auch wenn die Nutzer langsam immer stärker gegen bestimmte Unternehmen aufbegehren – vielfach ist ihnen gar nicht eindeutig klar, ob es beim Datenschutz um den Schutz der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte geht oder darum, dass die Informationen vor jeglichem unbefugten Zugriff abgesichert sind. Kein Wunder also, dass der Ruf nach staatlicher Regelung als Ultima Ratio laut wird. Doch wie ist dies zu bewerten? Das lässt sich unter anderem am Beispiel der Verarbeitung personenbezogener Daten illustrieren. Zukünftig soll es nach deutschem Recht Unternehmen erlaubt sein, diese durchzuführen, ohne dass hier die Verhältnismäßigkeit sowie die ausgeprägte Schutzwürdigkeit besonders sensiblen Daten berücksichtigt werden müssen. Damit gehen die Vorschläge weit über die eingeschränkten Ausnahmemöglichkeiten, wie sie gegenwärtig beispielsweise im Hinblick auf ein besonderes öffentliches Interesse oder für Forschungszwecke bestehen, hinaus. Die Aufweichung der DS-GVO findet auch noch an anderen Stellen statt: denn während diese Verordnung zugleich dem Interesse der Unternehmen am freien Datenverkehr Rechnung trägt und gleichzeitig die Betroffenenrechte wahrt, werden die Rechte der Betroffenen durch das neue BDSG beschnitten, um den Aufwand bei Unternehmen und staatlichen Stellen gering zu halten.

Die Meinung seitens der Experten dazu ist gespalten. Während der Eco-Verband verlauten lässt, dass „eine weitere Überfrachtung mit Spezialregelungen [..] für Bürger und Unternehmen nicht hilfreich ist und [..] einer zügigen Realisierung des modernen Datenschutzes in Deutschland im Wege stehen würde“ wird auf netzpolitik.org veröffentlicht, dass „unterschiedliche öffentliche Positionierungen von Datenschutzbehörden und NGOs auf der einen sowie Unternehmen und Handelsverbänden auf der anderen Seite ahnen lassen, dass die Reform der Richtlinie das nächste große Lobbyschlachtfeld im Kampf um Gewinne und Privatsphäre im digitalen Europa wird“.

Wie viel Macht hat der Verbraucher und was macht er damit?

Als Ende letzten Jahres angekündigt wurde, dass Whatsapp die Daten auch an den Mutterkonzern Facebook weitergeben würde, reagierten europäische Verbände sofort mit Abmahnungen und Verwaltungsanordnungen. Einerseits wehrt sich Facebook dagegen juristisch, andererseits wurde der Datenaustausch in Europa vorerst gestoppt. Trotzdem ist das Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen – vielleicht auch, weil die App seitens der Nutzer weiter so stark genutzt wird wie vorher?

Ein besseres Beispiel ist die Entwicklung rund um Windows 10. Hier war zu Beginn der Datenschutz einer der zentralen Kritikpunkte, was dann letztendlich zu einer Klage seitens der Verbraucherzentrale NRW führte. Mittlerweile hat Microsoft nachgegeben, die Klauseln für Deutschland wurden angepasst. Anfang diesen Jahres folgten zudem noch weitere Funktionen, die – nach Ansicht von Experten – im Sinne des Datenschutzes ein richtiger Schritt sind.

Fazit

Bernd_Fuhlert
Bernd Fuhlert, Geschäftsführer @yet GmbH und Experte für Datenschutz und Online-Reputation-Management

Das Ziel der Unternehmen lässt sich relativ einfach definieren. Was die Konsumenten wollen, ist nicht so leicht erkennbar – Verhalten und Einstellung sind eher diametral. Wer muss sich also ändern und wie viel muss der Staat hier eingreifen? Ist es vielleicht möglich die Unternehmen dazu aufzufordern ihr Verhalten bezüglich der Datennutzung freiwillig zu ändern und einen verbraucherorientierteren Datenschutz als Wettbewerbsvorteil zu definieren? An anderen Stellen hat es in Ansätzen bereits funktioniert, dass ein Staat an die Freiwilligkeit von Unternehmen appellierte, um die Bürger vor möglichen negativen Folgen der Technologie zu schützen: Die US-Verkehrsbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) will Richtlinien aufstellen, die helfen sollen, Ablenkung durch Smartphones und andere elektronische Geräte im Fahrzeug zu reduzieren. Die neuen auf Freiwilligkeit basierenden Regeln sollen Smartphone-Hersteller dazu bringen, Geräte zu entwickeln, die während der Fahrt möglichst wenig ablenken.