Nahezu Jeder ist von Cyber-Erpressungen betroffen

internet-1593378_1920Kaum ein deutsches Unternehmen ist bislang von Cyberangriffen verschont geblieben: 93 Prozent der mittleren und großen Unternehmen waren bereits IT-Angriffen ausgesetzt, durch die das Unternehmen ausspioniert oder geschädigt werden sollte. Auch bei den privaten Nutzern des Internets ist die Lage alarmierend: Jeder Zweite war schon einmal Opfer von Cybercrime. Die häufigsten Delikte sind dabei Virenangriffe, Betrug und Identitätsdiebstahl. Eine Entspannung ist auch in Zukunft nicht in Sicht, prognostizieren die Cybersecurity-Experten der Telekom. Ihre Vorhersage: Cyber-Erpressung wird sich 2017 noch weiter ausbreiten.

„Was wir im laufenden Jahr an Angriffen mit Kryptotrojanern und DDoS-Attacken gesehen haben, ist noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs“, sagt Thomas Tschersich, Leiter Group Security Services bei der Telekom. „Wir sehen gerade mal die Spitze der Spitze – und was noch kommen wird, wird gewaltig sein“, sagt der Experte weiter.

So erwarten Tschersich und seine Mitarbeiter, dass in naher Zukunft große Angriffswellen mit dem Ziel der Erpressung sowohl gegen private Nutzer, als auch gegen Unternehmen gefahren werden: Im privaten Bereich sehen die Experten eine Zunahme von Attacken voraus, bei denen ein Kryptotrojaner auf dem Rechner eines Nutzers eingeschleust wird. Dieser verschlüsselt die Festplatte des Rechners und alle angehängten externen Festplatten – ob die Kriminellen sie nach Zahlung des geforderten Lösegeldes freischalten, ist nicht gewährleistet.

Digitale Erpressung mit Zombie-Geräten

Die zweite Zielgruppe, Unternehmen, wird im kommenden Jahr verstärkt über DDoS-Attacken angegriffen werden. Darunter versteht man einen Angriff, bei dem Server mit einer so hohen Anzahl von Anfragen konfrontiert werden, dass sie unter der Last zusammenbrechen. Solche Angriffe werden über Botnetze ausgeführt, also mit dem Internet verbundene Geräte, die die Angreifer fernsteuern. Ihr Ergebnis: Ein Unternehmen wie etwa ein Onlineshop kann keine Dienstleistung übers Netz mehr erbringen, solange es kein Lösegeld zahlt.

Weitere Spielart der so genannten DDoS-Attacken kann in Zukunft verstärkt das Ausschalten unliebsamer, kritischer Stimmen im Netz sein oder die Destabilisierung kritischer Infrastruktur oder gar Staaten, befürchten die Telekom-Experten. Sie rechnen bei DDoS-Attacken generell mit einer größeren Angriffsstärke: „Der Angriff auf Dyn hat in diesem Jahr gezeigt, wie stark die Botnetze der Kriminellen schon sind. Der Angriff auf Router weltweit gibt einen kleinen Eindruck davon, wie mächtig sie weiter werden können – denn diese Attacke hat dem so genannten Mirai-Botnetz garantiert tausende neuer ferngesteuerter Router weltweit beschert. Wir reden hier von Dimensionen, denen nur noch in den Backbone-Netzen selbst begegnet werden kann,“ sagt Thomas Tschersich.

Zielgerichtete Attacken für Fortgeschrittene

Neben DDoS-Angriffen prognostizieren die Experten der Telekom eine weitere Zunahme von Attacken, die hoch professionell vorbereitet und umgesetzt werden und sich nur auf ein einziges Ziel konzentrieren, so genannte Advanced-Persistent-Threats. Solche Angriffe richten sich in der Regel gegen Unternehmen, Organisationen und Staaten und nutzen meist bis dahin unbekannte Sicherheitslücken aus, so genannte Zero-Day-Exploits. Tschersich: „Bei manchen dieser Angriffen nutzen die Angreifer gleich mehrere dieser noch nicht allgemein bekannten Lücken aus. Das zeigt einen sehr hohen Grad der Professionalisierung. Und in diese Richtung wird die Entwicklung weitergehen.“

Abwehr wandert in die Infrastruktur

Gegen die Bedrohung sehen die Telekom-Experten vor allem zwei Mittel: Zum einen die konsequente Beobachtung von Unregelmäßigkeiten im Netz selbst, sowie die Verlagerung von Abwehrmechanismen in die Infrastruktur. Zum anderen den Einsatz von Werkzeugen zur verhaltensbasierten Analyse und Analyse von Systemzuständen. Mit diesen Werkzeugen können Angriffe innerhalb eines Systems schnell anhand von Anomalien im Verhalten oder des Zustands eines Systems erkannt werden. Entsprechende Analysewerkzeuge werden zunehmend vom Privatkunden bis hin zum Großunternehmen eingesetzt, vom Firmennetzwerk bis zum Rechner und dem Smartphone. Denn „Die Frage ist längst nicht mehr, ob man angegriffen wird, sondern nur noch wann“, sagt Thomas Tschersich.

Unternehmen und Privatnutzer können sich schützen

Der Experte rät sowohl Unternehmen, als auch Privatleuten zur Vorsicht. „Wollen Cyber-Kriminelle eine Schadsoftware platzieren, funktioniert das in der Regel nur, wenn der Betroffene aktiv daran mitwirkt. Und genau diese Mitwirkung gilt es zu verhindern“, sagt Thomas Tschersich. Dies sollte zum einen über entsprechende Software zum Aufspüren von Schadcode wie etwa Antiviren-Schutz für Privatnutzer, geschehen. Unternehmen können sich mit Verhaltens basierten Lösungen schützen, die etwa verdächtige Anhänge in einer abgeschlossenen Umgebung ausführen und dadurch Schadcode erkennen (Sandboxing) oder Anomalien in Systemen entdecken. “Zum anderen spielen gerade für Privatnutzer ganz einfache Vorsichtsmaßnahmen eine wichtige Rolle. Sie klingen banal, sind aber essentiell“, führt Thomas Tschersich aus. „Vorsicht vor Mails mit verdächtigem Inhalt“ wird immer aktuell bleiben.“