Die Vereinheitlichung der Kommunikation ist nur eine Facette

Seit Jahren versucht die Industrie den Unternehmen klarzumachen, dass nur durch die Umstellung auf Unified-Communications die verschiedenen Kommunikationskanäle vereinheitlicht werden und ihre Mitarbeiter dadurch effizienter arbeiten, was sich in Geschäftsvorteilen niederschlägt. Die gesamte Branche – angefangen vom VoIP-Cloud-Anbieter bis hinunter zum Hersteller klassischer VoIP-Telefonanlagen singt inzwischen das Hohelied auf UC. Ist dieser Weg jedoch nicht ein Irrweg?

Mit Hilfe der heute verfügbaren UC-Funktionen lassen sich fantastische Technologie-Demos durchführen und viele Kunden lassen sich von der Kommunikationsvielfalt beeindrucken. Diese Lösungen gehen jedoch am tatsächlichen Problem vorbei! Wurde in einem Unternehmen eine UC-Lösung vollständig umgesetzt, dann können die Empfänger von Anrufen über ihre geschäftliche Telefonnummer auf einer Vielzahl von Geräten erreicht werden. Die Anrufe folgen dem Besitzer der Telefonnummer wohin er geht, springt zwischen den unterschiedlichsten Endgeräten hin und her und bietet darüber hinaus alle möglichen Zusatzfunktionen (Video, Presence, gemeinsames Arbeiten an Dokumenten, etc.). Nimmt man einen externen Anruf jedoch an, dann hat man in den wenigsten Fällen eine Ahnung, wer der Anrufer ist, was der Grund seines Anrufs ist und man hat keinen Zugang zu den relevanten Anrufinformationen (Kunden-History).

Der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass Unified-Communications die falschen Dinge vereinheitlicht. Die traditionelle Telefonie war schon immer eine isolierte Funktion und hat sich nie an deren Kontext orientierte. Fügt man noch mehr Kommunikationswege dieser isolierten Funktion hinzu, verbessert man die Kommunikationsmöglichkeiten nicht, sondern sorgt für zusätzliche undurchsichtige Kommunikationsmöglichkeiten.

Eigentlich sollte die Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten auch den Kontext der Interaktion verbessern. Eine Unified-Communications-Lösung kann unter Umständen nur die ID (Telefonnummer) des Anrufers anzeigen. Eine kontextbezogene Kommunikationslösung sollte den Grund für den Anruf anzeigen: An was (welchem Problem) hat die Person direkt vor dem Anruf gearbeitet oder ähnliches. Eine Kontext-bezogene Kommunikation enthält alle Informationen, die eine sofortige Eröffnung eines Gesprächs ermöglichen und umgeht die Zeitverschwendung für die Etablierung einer Gesprächsbeziehung – um dabei die Informationen herauszufinden, die bereits bekannt sein sollten. Darüber hinaus sollte es auch möglich sein, während des Gesprächs mit dem Anrufer zu interagieren. Beispielsweise sollte es einer Baufirma möglich sein, seinen Kunden ein Echtzeit-Video der in Frage kommenden Baumaßnahmen zu präsentieren. Immobilienfirmen könnten den Interessenten einer Wohnung oder Hauses dieses Gewerk sofort per Video zeigen und den potenziellen Käufer bzw. Mieter durch die Räume virtuell führen. Versicherungsunternehmen könnten während des Telefongesprächs über eine App dem Anrufer die Möglichkeit geben, seine Vertragsdaten einzusehen bzw. die Details von Forderungen zu überprüfen.

Verbesserte Kundenansprache

Was ist der Unterschied einer kontextuellen Kommunikation gegenüber den bisherigen Lösungen aus dem Bereich der Unified-Communications. Das klassische UC ist extrem auf die Verbesserung der Interaktion zwischen Mitarbeitern innerhalb eines Unternehmens fokussiert. Bei der Kommunikation mit der externen Welt, reduziert sich die Interaktion auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Auch bei den besten UC-Lösungen wird zur Interaktion mit externen Nutzern nur ein Anruf geboten. Dabei ist allen Experten seit langer Zeit klar, dass eine Kontext-bezogene Kommunikation nicht nur die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens, sondern auch die Interaktion mit Kunden verbessert.

Das amerikanische Unternehmen Porch (Porch.com) hat beispielsweise eine Plattform für Hausbesitzer und Dienstleister entwickelt, die sich auf den Ausbau und der Reparatur von Häusern fokussiert. Über diese Plattform werden neben den Baumaterialien auch entsprechende Fachkräfte und auch Hausverwalter vermittelt.

Porch veröffentlichte vor kurzem seine erstes mobiles Angebot: die Porch-App. Mit Hilfe dieser Anwendung können Hausbesitzer die richtigen Dienstleister- und Leistungen finden. Die App besteht aus folgenden Teilen: „Porch Concierge“ und „Pro Dial“. Mit Hilfe der in der App integrierten Funktionen lassen sich Kontext-basierte Kommunikationslösungen realisieren.

Mit einem einzigen Antippen startet Concierge einen In-App-Audio-Anruf mit einem Berater von Porch, welcher den Hausbesitzern dabei bei der Auswahl der zur Verfügung stehenden professionellen Leistung hilft. Der Berater verbindet anschließend den potenziellen Kunden direkt mit einem Dienstleister, der bereits ähnliche Arbeiten in der Nachbarschaft des Anrufers ausgeführt hat. Über Pro-Dial können sich Kunden, die bereits wissen, welche Art von Dienstleistungen sie benötigen, innerhalb von 60 Sekunden direkt mit dem betreffenden Dienstleister verbunden werden.

Sowohl bei Concierge als auch bei Pro-Dial, verlassen die Benutzer die App nicht und können sich während der Wartezeit entsprechende Designkonzepte ansehen. Sobald die betreffende Verbindung zum Berater hergestellt ist, wird automatisch dessen Bild und Namen des Gesprächspartners eingeblendet und das Beratungsgespräch kann beginnen. Diese Zusatzfunktionen verbessern die Beziehungen zwischen den Hausbesitzern und den Dienstleistern entscheidend und bauen Reibungsverluste beim Hausbau ab.

WebRTC ist einer der Technologie-Komponenten, die diese Art von Kommunikation ermöglichen. WebRTC stellt den Media-Stack im Browser oder einer mobilen Anwendung bereit, welche die Nutzung der Mikrofon- und Kamera-Funktionen in den Endgeräten ermöglicht und darüber hinaus die Grundlage für die Einbettung der Kommunikationsfunktionen in jede Interaktion bereithält. Dabei ist jedoch zu beachten, dass WebRTC allerdings nur die Basisfunktionen bereitstellt. Die Entwickler und Techniker müssen die jeweiligen Systeme an die lokalen Gegebenheiten individuell anpassen. Themenbereiche sind hier: die Authentifizierung, Signalfunktionen, Netzwerk-Traversal, Medien-Transcoding, usw.

Fazit

Die Unternehmen müssen sich in Zukunft auch um eine verbesserte und erweiterte Kommunikation nach Außen kümmern. Die Vereinheitlichung der Kommunikation innerhalb des Unternehmens war nur der Anfang. Die schwerere Aufgabe steht noch bevor. (mh)